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Wolfgang Bosbach, Bundestagsabgeordneter seit 23 Jahren // Foto © picture alliance

Ruhe plus Bewegung, das ist Urlaub

MALLORCA-FREUND WOLFGANG BOSBACH IM INTERVIEW VOR DEM ABSCHIED AUS DEM BUNDESTAG: WAS ER AN DER BALEARENINSEL SO SCHÄTZT – UND WIE ER SEINE ZUKUNFT NEU EINTEILEN WILL.

von PETER LAMPRECHT

Auf Montag, den 25. September, freut er sich jetzt schon, fast wie ein Kind: „Was ich dann mache? Ausschlafen! Bis heute gibt es für dieses Datum keinen Termin in meinem Kalender.“, sagt Wolfgang Bosbach (64). Er spricht vom ersten Tag nach der Bundestagswahl 2017. Während seine bisherigen Kollegen im Bundestag freudig oder enttäuscht die jeweiligen Wahlergebnisse diskutieren werden, schläft Bosbach einfach mal aus. Denn sein politisches Geschäft ist dann getan.

Insgesamt 23 Jahre lang war der gelernte Einzelhandelskaufmann, studierte Jurist und aktive Rechtsanwalt der direkt gewählte Abgeordnete des Rheinisch-Bergischen Kreises im Deutschen Bundestag. Noch 2013 erhielt der Mann aus Bergisch Gladbach dort 58,5 Prozent der Stimmen. Eine Zeitlang war er sogar der meistgefragtester Talk-Gast in Deutschlands Fernsehprogrammen – ein Freund des klaren, eindeutigen Wortes. Nun aber ist der Abschied absehbar: Der Abgeordnete Bosbach verlässt im Herbst seinen Platz im Berliner Reichstag – freiwillig, aus eigenem Entschluss. Weil er loyal bleiben will, wird er sich keiner anderen Partei anschließen. Aber weil er in mindestens zwei wichtigen Punkten nicht mit der Mehrheitslinie seiner CDU übereinstimmt – in der Migrationspolitik und in der Euro-Politik-, will er nicht erneut antreten. Seine seit sieben Jahren angeschlagene Gesundheit ist Anlass Numero zwei für den Rückzug ins Private.

Myilands hat mit Wolfgang Bosbach ein Gespräch über diesen Rückzug und seine Folgen geführt, über das sensible Thema Gesundheit, ebenso aber auch über Themen, die bisher nicht so oft vorkamen in seinen ungezählten Interviews: Über den Wert und Inhalt seiner Freizeit, über Freundschaften und Fröhlichkeit in turbulenten Zeiten. Und darüber, was die Insel Mallorca auch für ihn zur Lieblingsinsel gemacht hat: Immer wieder seit vielen Jahren hat der Politiker, Karnevals- und Fußballfan Bosbach dort im Zentrum der Balearen Urlaub gemacht – und das kann ja nicht grundlos so gewesen sein.

Myilands: Sie gehören zu der überschaubaren Minderheit Prominenter, die auch öffentlich ganz ungeschönt über schwere Erkrankungen reden.

Wolfgang Bosbach: Ich habe in der Politik mit Offenheit gute Erfahrungen gemacht, warum sollte ich das in puncto Gesundheit anders halten? Es ist doch besser auch in solchen Dingen die Wahrheit zu sagen, bevor andere anfangen zu tuscheln oder falsche Gerüchte zu verbreiten. Das gilt gerade jetzt, in Zeiten der sozialen Netzwerke und der vielen Fake-News.

Wie geht es Ihnen gerade?

Danke der Nachfrage. Die Hormonentzugstherapie, mit der meine Krebserkrankung behandelt wird, hat zwar Nebenwirkungen, aber ich habe keine großen Schmerzen oder Beschwerden. Insofern geht es mit zurzeit ganz gut. Zwar musste mir vor einigen Monaten ein Teil der Lunge entfernt werden, weil sich dort ein Tumor angesiedelt hatte, aber mit den Folgen der OP komme ich ganz gut zu recht. Es gibt Schlimmeres. Jedenfalls habe ich keine Schmerzen, die mich daran hindern ein ganz normales Leben zu führen. Aber mir ist natürlich bewusst, dass die Zeit immer kostbarer wird. Ein weiterer Grund, in Zukunft mehr mit Familie und Freunden zu unternehmen. Ich lasse mir die Freude am Leben nicht nehmen – jedenfalls so lange nicht, wie ich genau das tun kann, was ich gerne tun möchte.

Anders als Ihr Gesundheitszustand blieb das Thema Freizeit und Urlaub in Veröffentlichungen über Sie fast immer unterbelichtet. Liegt das an der üblichen 70- bis 80-Stunden-Woche eines Abgeordneten, in der Freizeit einfach nicht vorkommt?

Nein, danach hat eben kaum jemand gefragt. Warum auch?

Stimmt es denn, dass Mallorca ein Lieblingsziel für Sie geworden ist?

Ja! Seit meinem ersten Besuch 1972 bin ich viele dutzende Male dort gewesen, mit meiner Frau, der Familie, hin und wieder auch mal alleine oder mit Freunden. Mallorca bietet eine wunderschöne Mischung aus mediterranem Klima, Lebensfreude und Ruhe, Sport und Spaß, Kunst und Kultur. Und bis dort sind es nur gut zwei Flugstunden.

Sind Sie als stark beschäftigter Politiker eher der Strand- und Pooltyp, der Wanderer oder Kulturpilger…

… von allem etwas. Ich suche auf Mallorca nicht den Rummel, davon gibt es in Berlin schon genug, Tag für Tag. Ich brauche im Urlaub immer eine Mischung aus Ruhe und Sport. Ich lese viel, spiele regelmäßig Tennis oder Golf, aber ich liege auch ab und zu mal gerne in aller Ruhe am Strand.

Wo genau finden Sie diese Mischung?

Am ehesten in einem Golf-Hotel in Camp de Mar. Vom Balkon unseres Zimmers schweift der Blick über Loch 18 des Golfplatzes direkt hinaus auf das Meer. Die Badebucht ist nur knapp 300 Meter entfernt. Genau so stelle ich mir Urlaub vor.

Und wie lange dauern solche Ferien bei Ihnen?

Bisher eigentlich nie länger als eine Woche am Stück. Leider hat mein Schreibtisch kein eingebautes Fließband. Während ich unterwegs bin, stapelt sich dort die Arbeit und wenn ich wieder im Büro bin, ist deshalb umso mehr zu tun.

2016 hatten Sie auf Mallorca einen Unfall …

… Sie meinen vermutlich meinen unfreiwilligen Ausflug in die spanische Unterwelt? Ja, damals ist ein defekter Gully-Deckel unter mir zusammengebrochen, plötzlich steckte ich bis zur Hüfte in einem Betonschacht fest.

Aber es kam schnelle Hilfe!

Gott sei Dank wurde ich sofort von einem hilfsbereiten Spanier rausgezogen – mehr als einige Schürfwunden waren nicht zu beklagen. Und die Polizei war rasend schnell vor Ort, nahm den Unfall auf und sicherte umgehend den Tatort mit rot-weißem Flatterband.

Vorbildlich, kann die deutsche Polizei also von ihren Kollegen auf Mallorca noch lernen?

Naja, zumindest am ersten Tag war der Einsatz vorbildlich, in der Zeit danach allerdings weniger beeindruckend. Als ich ein halbes Jahr später wieder kam, war die Unfallstelle immer noch mit Flatterband abgesperrt und der Gully-Deckel war immer noch so defekt wie zuvor. Nach der Berichterstattung habe ich eine ganze Reihe an Zuschriften von Touristen erhalten, denen es ähnlich ergangen war. Offensichtlich war ich kein Einzelschicksal.

Sie haben in einem Interview einmal die Idealkonstellation eines Urlaubsortes für Wolfgang Bosbach beschrieben. Das wäre dann die Cote d‘Azur – aber mit direktem Blick auf den Kölner Dom. Offensichtlich sind Sie heimatverbunden?

Mein ganzes Leben lang! Ich wohne seit nunmehr knapp 65 Jahren im Bergischen, gemeinsam mit meiner Frau und unseren Töchtern, richtig ländlich-sittlich. Aber wenn wir wollen, sind wir auch in spätestens in einer halben Stunde am Kölner Dom, also mitten in einer pulsierenden Millionenstadt. Das macht Leben und Wohnen in Bergisch Gladbach so schön.

Jetzt naht der Rückzug aus Berlin. Hinterlässt man da eigentlich auch richtige Freunde nach 23 Abgeordnetenjahren?

Es ist in der Politik wie auch sonst im Leben: Nicht zu jedem, den man kennt, entwickelt sich eine echte, tiefe Freundschaft. Aber es gibt sie auch in der Politik und sogar über Parteigrenzen hinweg.

Können Sie Namen nennen?

Gerne! Erst kürzlich war ich gemeinsam mit meinem Fraktionskollegen Thomas Rachel aus Düren einige Tage auf Gran Canaria. Thomas ist mir wirklich ein guter Freund geworden. Ich bin stolz, das auch über Bundestagspräsident Norbert Lammert sagen zu können und für diese Freundschaft bin ich ihm von Herzen dankbar. Norbert ist ein kluger, nachdenklicher Mann und gleichzeitig ohne Scheu vor deutlichen Worten. Er hat nicht nur sehr viel für seine Heimat an der Ruhr getan, sondern auch für unser ganzes Land und er ist ein wirklich beeindruckender Parlamentspräsident. Er vollzieht diese Aufgabe geistreich, aber auch mit Herz und Humor.

Bleibt Freundschaft inzwischen eigentlich eher auf die eigene Fraktion begrenzt, oder gibt es immer noch auch die Nähe zu Kollegen aus der politischen Konkurrenz?

Gott sei Dank gibt es das auch. Wir kommen zwar aus unterschiedlichen politischen Richtungen und haben nicht selten unterschiedliche Ziele, aber wir haben alle das gleiche Ziel: Wir wollen unserem Land eine gute Zukunft geben. Burkhard Lischka, der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, ist ein guter Freund, auch wenn er einer anderen Partei angehört.

Also ist eine Große Koalition doch nicht nur Teufelswerk, wie sie kurz vor Wahlen immer von fast allen dargestellt wird?

Ich rate zur verbalen Abrüstung. Bei uns, wie bei den Sozialdemokraten, sitzen Profis am Tisch, die ihr Geschäft verstehen. Jeder weiß, was er dem anderen zumuten kann – und was nicht. Koalitionen sind keine Fusionen, sie sind politische Zweckgemeinschaften auf Zeit. In einer Demokratie sollte eine große Koalition aber immer die Ausnahme sein, nicht die Regel. Und wenn eine Wahlperiode zu Ende geht, dann tritt man halt wieder gegeneinander an. Dabei sollte man darauf achten, dass es keine Verletzungen gibt, denn möglicherweise muss man wenige Wochen später wieder zusammen arbeiten.

Muss die CDU denn diesmal schon ohne die scharfe Zunge des Wahlkämpfers Bosbach auskommen?

Nein, im Gegenteil! Noch nie hatte ich so viele Terminanfragen aus allen Regionen wie in diesem Jahr. Auch wenn ich nicht mehr für mich selbst kämpfen muss, kämpfe ich mit großer Freude für Kolleginnen und Kollegen. Aktuell im NRW-Landtagswahlkampf und in der Zeit danach werde ich über 40 Termine bundesweit wahrnehmen, die meisten in Bayern und Baden-Württemberg, aber auch wieder in NRW.

Nur als Appetithäppchen – wie spricht denn Wolfgang Bosbach derzeit über sein Heimatland Nordrhein-Westfalen?

NRW kann viel, viel mehr, dafür brauchen wir aber eine andere Landesregierung. Ich finde es erstaunlich mit welcher Gelassenheit es die Ministerpräsidentin hinnimmt, dass NRW in vielen wichtigen politischen Feldern im Länder-Ranking regelmäßig am Ende der Tabelle steht. Halt, da gibt es eine Ausnahme: Bei der Verschuldung ist NRW ganz vorne!

Sie sprechen von Bildung und Wirtschaft …

… vor allem von der Inneren Sicherheit. Wenn das Risiko Opfer einer Straftat zu werden, in NWR 70 Prozent höher ist als in Bayern und wenn das selbe Risiko in der Stadt Köln fast 100 Prozent höher ist als in München – dann hat das etwas mit der rot-grünen Politik in NRW zu tun. Dennoch hält Hannelore Kraft ihren Innenminister für die optimale Besetzung. Wahrscheinlich hält sie auch „Eddie the Eagle“ für einen herausragenden Ski-Springer.

Soweit die Abteilung Attacke. Wer so scharf formuliert, schreibt doch im Ruhestand bestimmt ein Enthüllungsbuch, oder?

Weder ein Enthüllungsbuch, noch eine Biografie. Zumal eine solche schon 2014 von Anna von Bayern geschrieben wurde. Außerdem ist gerade mein Buch „Endspurt“ im Quadriga-Verlag erschienen. Aber eine Sammlung von Anekdoten aus einem wechselreichen und spannenden Politikerleben, das könnte ich mir schon vorstellen. Das muss nicht unbedingt staubtrocken sein, die Leserinnen und Leer dürfen auch ruhig herzhaft lachen.

Ans Unkrautjäten denken Sie nicht gerade vor dem Start ins Pensionärsleben?

Ach du liebe Güte, ich weiß gar nicht, ob mich meine Frau überhaupt in den Garten lassen würde. Sie hat ja schon seit Monaten die große Sorge, dass ich zukünftig den wohlsortierten Haushalt durcheinander bringe. Sicherlich werde ich wieder etwas intensiver meinem Anwaltsberuf nachgehen und es gibt auch schon viele Anfragen für andere berufliche Tätigkeiten oder soziales Engagement – deshalb werde ich mir in Ruhe überlegen, was ich ab 2018 mache. Ich möchte nicht Nichts tun, ich möchte aber auch nicht von einem Hamsterrad in ein anderes umsteigen. 60 bis 70 Stunden-Wochen brauche ich nicht mehr. Das Wichtigste ist jetzt für mich, mehr Zeit für meine Familie und meine Freunde zu haben.

Gibt es denn privat einen Termin, auf den Sie sich besonders freuen?

Ja, wir freuen uns von Herzen auf den Jahreswechsel 2017/2018. Dann reisen meine Frau und ich mit unseren besten Freunden in den Oman. Davon haben wir schon lange geträumt, und diese Reise wird auch viel länger dauern als nur eine Woche – ganze 10 Tage! Stellen Sie das einmal vor! Und überhaupt: Sehr viel habe ich von der Welt noch nicht gesehen und es gibt noch viele aufregende, spannende Orte, die ich unbedingt mal besichtigen möchte. Und von diesen Reisen erholen wir uns dann auf Mallorca …

 Foto: Horst Galuschka/dpa/Horst Galuschka dpa | Verwendung weltweit

 

Die Gäste der ARD Talkshow „Maischberger“ am 14.12.2016 in Köln mit dem Thema „Wutbürger gegen Gutmenschen: Verliert die Demokratie?“ V.l. Claus Strunz, Bettina Gaus, Sandra Maischberger, Wolfgang Bosbach, Wolf von Lojewski und Richard David Precht.

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