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Aus Liebe zu Sylt: Naturschutz auf Sylt

NATURSCHUTZBOTSCHAFTERIN RETTET SANDREGENPFEIFER

Studiert hat Stella Kinne Buchwissenschaft in Mainz. schließlich wollte sie ins Verlagswesen einsteigen. Aber vor dem richtigen Job brauchte sie noch eine Auszeit: Im Rahmen eines Bundesfreiwilligenjahres ging die 24-Jährige – geboren in Bad Lauterbach im Harz – nach Sylt. Das war zugleich der Anfang eines neuen Lebens.

Bereits nach wenigen Wochen im hohen Norden war es um Stella Kinne geschehen: Die Nordsee, das Meer, der Strand, die Dünen, vor allem die Natur und überhaupt das Leben auf Sylt zogen sie magisch an – so sehr, dass sie nicht mehr weg wollte. Sie ist geblieben, wohnt in Wenningstedt und setzt sich in ihrer Wahlheimat mit großer Leidenschaft für den Schutz von Fauna und Flora ein.

Stella Kinne ist die erste Naturschutzbotschafterin auf der Insel. Täglich ist die Quereinsteigerin in Sachen Naturschutz unterwegs, kümmert sich um seltene Pflanzen und Brutvögel. „Es gibt viel zu tun“, sagt sie und ergänzt: „Wir sind ein starker Touristenmagnet, aber zugleich eine unglaublich vielfältige Naturinsel, die einzigartig ist mit zahlreichen schützenswerten Arten. Und genau diese Kombination, die starke Marke Sylt und die Natur, bieten uns viele Chancen, auf das große Thema Nachhaltigkeit aufmerksam zu machen.“

WENN DIE LEUTE DORT NICHT HERUMLAUFEN ODER SICH HINLEGEN UND HUNDE DIE VÖGEL NICHT AUFSTÖBERN, DANN KANN SICH EINIGES ENTWICKELN.

Stella Kinne

Im Strandinselprojekt sind an Dünenkanten Schutzzonen eingerichtet worden, wo der Sandregenpfeifer ungestört auf Kies und Strand brüten kann. | © Dr. Georg Wietschorke | Pixabay

Als Schaltstelle der insularen Naturschutzverbände und -organisationen, der Kommunen und Behörden, besteht eine ihrer Aufgaben darin, Maßnahmen zum Natur- und Artenschutz zu koordinieren – mit dem Ziel, die fast verlorene Nordseenatur nach Sylt zurückzuholen. „Ursprünglich wachsen hier Meerkohl, Meersenf oder Stranddisteln“, berichtet Stella Kinne. Doch leider seien diese für den Nordseestrand typischen Pflanzen inzwischen selten geworden, denn es gebe hier kaum ungestörte Strandabschnitte, an denen Brutvögel leben und auch Strandpflanzen wachsen können.

Die Stranddistel etwa – einst so typisch, dass sie das Wappen von Kampen ziert – sei inzwischen eine echte Rarität. Ein Grund, warum Stella Kinne gemeinsam mit den Naturschutzvereinen Schutzstation Wattenmeer, Sölring Foriining, Naturschutzgemeinschaft Sylt und NaBu das Pilotprojekt „Dünen in Bewegung“ – Strandinseln auf Sylt 2021“ initiiert hat. Versuchsweise wurden zunächst am Lister Ellenbogen und an der Hörnumer Odde kleine Gebiete mit Holzpflöcken, Hinweisschildern und einer Infotafel abgesteckt, die nicht betreten werden durften. Wenige Monate später konnte bereits das erste Eigelege von Sandregenpfeifern kartiert werden. Kurz darauf zeigten sich zwei quietschfidele Küken des flinken Wattvogels, der mit seiner Augenbinde wie ein kleiner Panzerknacker aussieht.

„Schon einhundert Quadratmeter können eine erfolgreiche Strandinsel sein – wenn man sie konsequent in Ruhe lässt“, erklärt Stella Kinne. Denn die störungsfreie Fläche am Dünenfuß reicht zum Beispiel dem Sandregenpfeifer, um die Eier im Sand erfolgreich auszubrüten. Sofern die Gelege nicht durch unbeabsichtigtes Zertreten oder Hunde zerstört werden.

Mit zwei abgegrenzten Strandinseln fing es an. Mittlerweile gibt es bereits sechs an der Hörnum Odde, am Lister Ellenbogen, in Wenningstedt und in Kampen. „Wenn die Leute dort nicht herumlaufen oder sich hinlegen und Hunde die Vögel nicht aufstöbern, dann kann sich Einiges entwickeln“, berichtet Stella Kinne. So schlug auf dem Lister Ellenbogen die Stranddistel aus und der spektakulär blühende, wuchtige Meerkohl machte sich breit. „Dieser Wildkohl war an der Nordsee früher derart verbreitet, dass er als Wildgemüse viel gegessen wurde.“ Vielleicht werden Hornmohn oder Wilde Rübe wieder entdeckt, so, wie im vergangenen Jahr Strandrettich oder Strandwolfsmilch.

„Sylter Rosen“ wachsen auf der Insel hüfthoch, dick und dicht. Die sehen hübsch aus, „gehören aber überhaupt nicht hierher“, sagt Stella Kinne. „Diese sogenannte Kartoffelrose oder Kamtschatka-Rose, Rosa Rugosa, wurde in den 1920er-Jahren als Zierpflanze eingeführt, seitdem breitet sie sich unkontrolliert und unaufhaltsam aus.“ Da, wo es noch möglich ist, wird nun die Rose entfernt. Ähnliches gilt für die Invasion der eingeschleppten, schädlichen Cranberries, die inzwischen in Mitmachaktionen aus den Dünen entfernt werden.

Selbst die rar gewordenen Kreuzkröten vermehren sich wieder zahlreich, nachdem in diesem Jahr die Tümpel freigelegt wurden. „Sie haben das offene Wasser und die freien Flächen sehr gut angenommen. Wir müssen nur natürliche Voraussetzungen wiederherstellen – die Natur kann ganz viel von allein schaffen“, berichtet Stella Kinne. Über jeden Erfolg ist sie bestens im Bilde, denn eine ihrer Aufgaben ist das fortlaufende Sichten und Dokumentieren von Pflanzen und Tieren – das Monitoring also. Ihr zur Seite stehen Biologen, Ökologen, ein ganzes Netzwerk an Fachleuten mit jahrzehntelangem Wissen um die Sylter Natur.

Und da jede gute Tat zählt, wurde aktuell neben den neuen Robbenschutzzonen das Projekt „Stranddistel“ ausgerufen. Die Naturschutzbotschafterin und die Naturschutzgemeinschaft Sylt vergeben Pflanzenpatenschaften für die Sylter Stranddistel. Für fünf Euro kann man Pate werden und somit für den Artenerhalt auf der Insel beitragen. Die heimische Pflanze wird 2023 bis 2024 inselweit gepflanzt, auch an exponierten Stellen, so dass sie allen ins Auge fällt.

In den sozialen Medien wie Instagram oder Face­book gibt Stella Kinne unter „Naturschutz­botschaft Sylt“ Infos zum Fortlauf der Projekte und zu ihren Führungen. Direkt ist sie per Mail unter sk@soelring-foriining.de zu erreichen.

In menschenleerer Natur finden sich immer öfter wieder Eigelege. © STELLA KINNE

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