Walter Stembergs Genuss-Insel
Zwei große Namen wirken wie Markenbotschafter der Sylter Gastronomie: Gosch und Sansibar. Ausserdem zwei weitere Empfehlungen für Gäste, die es „gut bürgerlich” mögen
von WALTER STEMBERG und TORSTEN STIEGEMANN
Heute erscheint die Kolumne „Stembergs Genuss-Insel“ zum zweiten Mal in Ihrem Insel-Magazin. Autor Walter Stemberg, seit mehr als 45 Jahren begeisterter Sylt-Wiederholer, gibt Gastro-Rat aus Erfahrung und eigenem Erleben. Sein „Haus Stemberg“ in Velbert-Neviges ist ein Gourmet-Tipp und laut Fachblatt „Fallstaff“ sogar das „beste Restaurant in Nordrhein-Westfalen.“ Stemberg hat in dem seit 1864 bestehenden Haus „zwei Küchen unter einem Dach“ etabliert – zeitgemäße feine Küche bietet die Karte ebenso wie traditionelle, frisch und einfallsreich servierte deutsche Kochtradition. Und Stembergs Weinkeller hat Kultstatus. Seit 2004 hat Patron Walter die Chef-Rolle am Herd an seinen Sohn Sascha übertragen – und der erfreut sich seither bereits des ersten Michelin-Sterns. Zur Küchenkolumne von Walter Stemberg gehören jedes Mal beispielhafte Rezepte (Seite 40) aus den beschriebenen Sylter Restaurants – und diesmal auch ein Rezept aus der Feder des Kolumnisten selbst. Lassen Sie es sich munden!
Also Hut ab vor Jürgen Gosch, den Deutschland als Inbegriff schneller, leichter Fischkost von der Insel auf der Festplatte gespeichert hat. Und erst Recht ein kräftiges „Chapeau“ in Richtung Herbert Seckler, dessen „Sansibar“ als Markensignal längst nicht nur feine Fischrezepte oder Proseccoflaschen, sondern sogar schon deutsche Bettwäsche und Badehandtücher ziert. Diesmal geht es also um diese beiden Fahnenträger der Sylter Esskultur in meiner Kolumne – aber natürlich nicht nur um sie. Schließlich verfügt die Insel über ein fast unerschöpfliches Reservoir an kreativen Küchenköpfen.
KLEINE RÄUCHEREI
Sie erinnern sich: Rantum, Richtung Hafen, einmal links, rechts, wieder rechts: Am Parkplatz der gelbe Kiosk direkt am Deich, zwei- bis dreimal pro Woche geöffnet. Das war die „Kleine Räucherei“ von Anita und Klauspeter König. Der Pachtvertrag ist ausgelaufen, die Räucherei umgezogen. Aber es gibt sie auch 2018 wieder – die perfekt geräucherten Heilbuttschnitten, Makrelen, Butterfische. Schon beim Gedanken daran läuft einem das Wasser im Munde zusammen. Klauspeter König, der Ex-Pilot, hat sein perfektes Domizil am Fiegerhorst gegenüber der Feuerwehr gefunden. Und jetzt duftet sie eben da ganz unverwechselbar – die Kleine Räucherei.
SANSIBAR
Ja, eigentlich ist er Schwabe. Und ja, eigentlich haben viele schon fast alles über ihn gesagt und geschrieben. Aber Herbert Seckler ist und bleibt mit seinem „Sansibar“ einfach eine Institution auf Sylt. Irgendwann zieht es jeden hin zu seinem rustikalen Hot Spot im Sand. Die Abendstimmung erinnert (weil es Sylt ist, leider nicht täglich mit Garantie) an die Stimmung der Capri-Fischer. Die lockere Gemeinschaft an den Tischen vereint Promi und Jedermann. Und jeder muss lange im voraus buchen, wenn er den 20-Uhr-Termin erwischen will. Dafür gibt’s dann Steak und Fisch im Ganzen, Meeräsche oder Steinbutt in himmlischer Qualität. Und versuchen Sie es mal mit einem Gang hinter die Theke, ein paar Schritte über die Treppe ins Untergeschoss – und schon wartet einer der aufregendsten Weinkeller Deutschlands auf Sie, unter die Dünen gebaut, mit einer der umfassendsten Weinkarten der Republik ausgestattet.
GOSCH
Jeder kennt das Original, Gosch in List. Daraus hat sich ein Imperium entwickelt, u.a. Franchisebetriebe quer durch die Republik. Die Kraft und Kreativität, die vom Gründer und Patron Jürgen Gosch ausgeht, lässt sich aber wieder nur auf Sylt erfassen. Beispielsweise in Wenningstedt, wo der „neue Gosch“ das frühere Domizil in einem ehemaligen Friseursalon abgelöst hat. Konstantin Neumann ist hier der Betriebsleiter. Er führt das Kommando auch über eine tolle Außenbar mit perfektem Blick aufs manchmal tosende Meer. Und irgendwann taucht dann auch er auf, Jürgen Gosch selbst, der ungebremst Umtriebige, der sich der besten Bratheringe auf der Insel ebenso rühmen darf wie der unstillbaren Freude daran, die Tische notfalls noch selbst abzuwischen, die Mannschaft einzuteilen, den Gästen einen frohen Spruch zuzurufen. Ja, und auch neue Baupläne treiben ihn um. Gosch lässt die fast schon ehrwürdige Filiale Westerland abreißen, alles soll komplett neu und zeitgemäß an der alten Stelle entstehen.
ZUR EICHE
Sie mögen es traditionell, das aber richtig gut? Also „gut bürgerlich“? Dann ist „Zur Eiche“ in Tinnum meine erste Wahl: Dort habe ich die buchstäblich beste Schweinshaxe meines Lebens gegessen, und solche Erlebnisse vergisst man nicht. Die Kruste war knackig wie Popcorn, das Fleisch zart und dazu himmlisch gewürzt. Olaf Jaschinski, seine Frau und die beiden Kinder führen das Haus gemeinsam. Das Küchenteam inszeniert alles Appetit anregend – ob das gebratene Zanderfilet mit Rahmsauerkraut an Kartoffelschnee, Tagliatelle mit Nordsee-Scampis oder die wechselnden Tagesspezialitäten. Dienstag etwa die Mastenten frisch aus dem Ofen, donnerstags die köstlich marinierten Spareribs vom Grill, oder eben die Freuden am Sonntag, dem „Haxentag“, mit dem Besten wahlweise vom Schwein oder vom Kalb. Lassen Sie es sich schmecken dort, wo man besonders viele Einheimische an den Nachbartischen trifft!
REZEPTE:
Labskaus Sylter Art (ZUR EICHE)
Die Ochsenbrust mit Lorbeer und Wachholder ca. 2 Stunden kochen. Gemüsezwiebeln schälen in Streifen schneiden und mit dem Schweineschmalz schmoren. Auch die Kartoffeln mit etwas Salz kochen. Nachdem alles geschmort und gekocht ist, werden alle Zutaten in einem Fleischwolf durch die grobe Scheibe gedreht. Die rote Bete mit dem Saft wird auch hinzu gegeben. Danach wird alles noch einmal durchgerührt und mit etwas Zucker, Pfeffer und Salz abgeschmeckt. Der gewürfelte Speck wird in der Pfanne ausgebraten und mit dem Spiegelei, saurer Beilage (Kürbis, Gurke, rote Bete) und dem Matjesfilet serviert.
ZUTATEN (4 Personen)
800 Gr. gepökelte Ochsenbrust
2 große Gemüsezwiebeln
400Gr. Kartoffeln
200Gr. Schweineschmalz
1 Glas rote Bete 6 Lorbeerblätter & 10 Wachholderbeeren
1 Päckchen gewürfelten Speck
4 Eier
4 Matjesfilet
ZANDER Birnen-Bohnen-Speck (SANSIBAR)
(1) Kartoffeln schälen, waschen und in kochendem Salzwasser ca. 20 Minuten weich garen. Inzwischen Schneidebohnen waschen, putzen und schräg in dünne Streifen schneiden. In kochendem Salzwasser ca. 2 Minuten blanchieren, abgießen und kalt abschrecken. (2) Ca. 1 l Wasser mit 1 EL Zucker aufkochen. Birnen schälen und mit Zitronensaft beträufeln. Ca. 1 Minute im Zuckerwasser blanchieren und herausheben. (3) Öl in einer Pfanne erhitzen. Bacon darin knusprig braten und auf Küchenpapier abtropfen lassen. 2 EL Butter im verbliebenen Speckfett erhitzen. Bohnen und Birnen darin kurz erhitzen, warm halten. (4) Fischfilets abspülen, trocken tupfen, mit Salz und Pfeffer würzen. Filets in Mehl wenden. Butterschmalz in einer Teflonpfanne erhitzen. Fisch darin zuerst auf der Hautseite bei mittlerer Hitze ca. 4 Minuten knusprig braten, wenden und ca. 2 Minuten weiterbraten. (5) Inzwischen 150 g Sahne und 80 g Butter erhitzen. Kartoffeln abgießen, kurz ausdämpfen lassen und grob zermusen. Heiße Buttersahne mit dem Schneebesen des Rührgerätes unterrühren. Mit Salz würzen. 100 g Sahne steif schlagen und unter das Püree heben. Mit Fisch, Birnen, Bohnen und Speck anrichten.
ZUTATEN (4 Personen)
8 Kartoffeln Salz,
weißer Pfeffer,
Zucker
300 g Schneidebohnen
8 Minibirnen (z.B. Bambinella) – ersatzweise 4 kleinere Birnen (z.B. Gute Luise)
1 EL Zitronensaft
2 EL Öl 8 Scheiben Bacon
2 EL & 80 g Butter
4 Zanderfilets mit Haut (à ca. 200 g)
Mehl zum Wenden
2 EL Butterschmalz
250 g Schlagsahne
Gin Tonic gebeizter Lachs (STEMBERG)
Alle Zutaten miteinander vermengen und gleichmäßig auf den Lachs auftragen und dann in Klarsichtfolie einschlagen. Für ca. 2 – 3 Stunden darin beizen und danach alles vorsichtig abstreifen. Den Lachs a Person in 4 Tranchen (gesamt ca. 100g) aufschneiden. Danach auf grünem Apfelpüree, leicht abgeschmeckt mit Meerrettich, mit etwas mariniertem Kräutersalat anrichten.
Aus dieser Lebenseinstellung entstand ein Gin, wie Sascha Stemberg ihn sich immer gewünscht hatte – ehrlich und klar, ANNO 1864 MEIN GIN. Von der Geburtsstunde bis hin zur Abfüllung haben wir den Gin gemeinsam mit Michael Habbel in seiner Brennerei vierfach destilliert. Der belebende Duft der Schalen exotischer Limetten gepaart mit der Würzigkeit von frischem Koriander lassen diesen Gin zum idealen Spiegelbild meiner Aromenküche werden.Ob pur,auf Eis oder mit Tonic – so muss ein Gin schmecken.Hier ein schönes Rezept aus unserer Küche. Man kann dieses Gericht einige Tage vorher vorbereiten, kühlen und hat eine aromenreiche Vorspeise.
ZUTATEN 1 Seite Frischlachs (Loins – nur Mittelstück)
je 30g gehackte Blatt- petersilie und Dill
40g Meersalz
20g brauner Zucker
Schale und Saft von 1 Limette
8 schwarze Pfefferkörner gemörsert
5 Blatt Koriander – fein geschnitten
5 Fenchelsamen gemörsert
2-4 cl Anno 1864 Stemberg Gin
4 cl Tonic Water
250 g grünes Apfelpüree etwas Meerrettich