Musiker mit breitem Spektrum: TILL BRÖNNER
von PETER LAMPRECHT
Geboren am Niederrhein, Kindergartenzeit in Rom, Abitur am strengen Aloisiuskolleg in Bonn, Professur für Jazz, Rock und Pop in Dresden und heute in Berlin und Los Angeles zuhause: Ausweislich seiner wichtigsten Lebensstationen ist dem Trompeter, Komponisten, Arrangeur, Produzenten und sechsfachen Echo- und Grammy-Nominee Till Brönner kaum ein Weg zu weit – wenn nur das Ziel am Ende jede Mühe lohnt.
Mitte Juli heißt sein Ziel bereits zum vierten Mal „Kampen Jazz by Till Brönner“. Am 12. und 13. Juli verwandelt sich dafür der Parkplatz am Kampener Strönwai zum insularen Jazz-Mekka. Till Brönner hat das kleine, feine Festival gemeinsam mit Veranstalter Dariush Mizani ins Leben gerufen und wundert sich bis heute selbst noch ein wenig: „Ich kannte Sylt eIgentlich nur aus den Medien, als eIne Insel im Wind, Ziel der Schönen und Reichen. Aber dann hat mich mein Freund Dariush eines Besseren überzeugt. Den Ausschlag gaben dann Birgit Friese und die Mannschaft vom Tourismusbüro Kampen, die gerade ein Jazzfestival als neue herausfordernde Attraktion für ihre Gäste etablieren wollten. Jetzt, im vierten Jahr, will ich mir einen Sommer ohne Kampen-Jazz gar nicht mehr vorstellen.“
Das muss er auch nicht. Zwar dauerte es bis in die Zeit um Ostern, ehe alle Verträge für 2019 fixiert waren. Aber seither steht fest: Brönner und sein Kampen-Jazz werden wieder zwei Tage lang großes Publikum anziehen. Es hat sich herumgesprochen, dass feiner Jazz sich ungewöhnlich gut mit Sylter Seeklima, einem guten Glas Wein und einem gepflegten Publikum verträgt. „Sogar das Wetter hat bisher immer mitgespielt. Spätestens zum Abend öffnete sich der Himmel, und alles wurde gut“, erinnert sich Brönner.
Während er zuvor noch einzelne Tourneetermine auf dem Festland wahrnimmt, um gemeinsam mit Dieter Ilg sein neues Album „Nightfall“ vorzustellen, laufen auf Sylt die letzten Vobereitungen fürs Festival. Das beginnt diesmal am Freitag, 12. Juli, um 16 Uhr mit musikalischem Aufwärmprogramm. DJ Peter Kliem und Saxophonist Inusa mit Percussionist Bouch grooven die ersten Besucher schon mal im Wechsel ein, ehe ab 19.30 Uhr Joey DeFrancesco mit seiner Hammond B3-Orgel das Hauptprogramm eröffnet. Der Musiker aus den USA gehört zur Spitzenklasse an seinem Instrument, hat mit Größen wie Miles Davis, John McLaughlin oder George Benson gespielt. Sein Versprechen am Abend ist eine Mischung aus Jazz und Rhythm & Blues.
AB 21.15 Uhr gehört die Bühne dann der Saxophonistin und Sängerin Candy Dulfer aus den Niederlanden. Jazz, Soul und Funk sind ihre Stilrichtungen, die sie bei Auftritten mit Weltstars wie Prince, Pink Floyd oder den Eurythmics präsentieren konnte. Auch am 13. Juli swingt es bereits ab 16 Uhr am Strönwai. Danach übernimmt der deutsche Pianist Frank Chastenier ab 19.30 Uhr – der 52Jährige konzertierte bereits mit Till Brönner, war über Jahre Pianist in der WDR Big Band, spielte mit Peter Herbolzheimer und Ray Brown und hat Chaka Khan, Al Jarreau und Patti Austin begleitet. Till Brönner wird diesmal bei Chasteniers Auftritt mit „einsteigen“. Höhepunkt des zweiten Festivalabends auf der großen Showbühne wird dann ab 21.15 Uhr die Earth Wind & Fire Experience feat. Al Mc. Kay.Der in Louisiana geborene Al Mc Kay war Gitarrist u.a. bei Ike und Tina Turner und bei Sammy Davis jr. Acht Jahre gehörte er dann zu Earth Wind & Fire. Nach längerer Pause trommelte er Mitstreiter aus dieser Gruppe neu zusammen – und nun erlebt Kampen, was diese 13-köpfige Band mit Funk, Soul und knackigen Bläsersätzen zustande bringt. Sylt wird kochen, versprechen die Veranstalter.
Auch dieses Programm trägt neben dem Namen auch wieder den stilistischen Stempel des Virtuosen Brönner – schon seit frühen Tagen am Aloisiuskolleg in Bonn erwies sich Till Brönner als Musiker mit breitem Spektrum. Was heute in der Branche „Crossover“ heißt, reizte schon den Schüler. Brönner musizierte im klassischen Schulorchester, aber auch in der AKO Big Band und fiel durch „Sacro Pop“ gemeinsam mit dem Mitschüler Stefan Raab auf. „Unsere künstlerischen Wege haben sich danach auseinander entwickelt. Aber wenn wir uns heute sehen, verstehen wir uns immer noch prächtig“; sagt der innovative Musiker Brönner über den innovativen Fernsehmacher Raab.
Als Jazztrompeter hat er es zu Weltruhm gebracht. Gemeinsame Auftritte mit Größen wie Ray Brown, Dave Brubeck, Tony Bennett oder auch Paul Kuhn und Klaus Doldinger finden sich in den Archiven. Aber früh kamen neue Akzente hinzu – eine Swing-Platte mit den No Angels, ein Jazzalbum mit dem Bariton Thomas Quasthoff, ein Engagement als Mentor in der Castingshow „X Factor“ des Senders Vox zum Beispiel. Anders als manche nahezu sektiererische Puristen der Jazzmusik plädiert der Crossover-Professor Brönner dafür, dass sich die jüngeren Darbietungsformen der Musik gegenseitig inspirieren und zu Neuem anregen sollten: „Nur so kann man auch in zehn Jahren noch vom Musikerberuf leben. Alles andere endet als Hobby.“ Dies ist auch als Mahnung des Hochschullehrers Brönner an angehenden Musikernachwuchs gemeint.
Till Brönner selbst erweitert dagegen sein eigenes Spielfeld nochmals um eine neue Disziplin. Der preisgekrönte Trompeter ist nun auch begeisterter und inspirierter Fotograf. Ein erster Fotoband mit Künstlerporträts findet sich bereits in den Buchhandlungen. Nun kommt ab 2. Juli eine erste große Fotoausstellung im Duisburger Museum Küppersmühle hinzu: „Melting Pott“ ist der Titel. „Ein Jahr lang war ich dafür im kulturellen Schmelztiegel Ruhrgebiet unterwegs. Ich habe dabei meine Heimat Deutschland neu kennengelernt. Es war ein besonderes, bewegendes Erlebnis,“ sagt der Weltbürger Brönner, dessen Wiege am Niederrhein gestanden hat.
TILL BRÖNNER in NRW
5. Juli | Gastspiel im Konzerthaus Dortmund
16. August | Till Brönner & Dieter Ilg | „Nightfall“ Monschau-Festival
–––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
Neue Sicht auf das Ruhrgebiet – TopMusiker Till Brönner zeigt sich bei einer Ausstellung in Duisburg von einer ganz anderen Seite, nämlich als Fotograf. Ein Jahr lang hat er die Region immer wieder mit der Kamera in der Hand besucht. So wie hier die Ruhrtalbrücke bei Essen-Kettwig. // © Till Brönner