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Zwei Generationen – eine Modemarke

UNVERKAUFTE KOLLEKTIONEN, LEERE LAUFSTEGE, SELBST NACH DER WIEDERERÖFFNUNG DER LÄDEN WIRD WENIGER KLEIDUNG GEKAUFT.

Die Designerin Annette Görtz hat vor 35 Jahren ihr eigenes Label gegründet. Selbst in Corona-Zeiten hat sie nie den Faden verloren. Sohn Maximilian ist seit einem Jahr im Designteam.

von DAGMAR HAAS-PILWAT

Seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie fragt sich die Modebranche, wie es mit ihr weitergehen soll. „Die alten Rezepte werden so nicht mehr funktionieren“, sagt die Modemacherin Annette Görtz-Welsch, die seit 35 Jahren mit stetig wachsendem Erfolg in der Branche ist, nicht nur Mode entwirft und Fachhändler weltweit beliefert, sondern auch eigene Läden auf Sylt, in Berlin, Hamburg, Düsseldorf, München, Antwerpen, Kleve und Rheda-Wiedenbrück betreibt. „Dieser Beruf war immer hart, das ist nicht neu. Aber wenn die Kunden nicht mehr ins Geschäft kommen und die internationalen Einkäufer nicht mehr zu uns auf die Ordermessen reisen können, dann sind flexible Konzepte gefragt.“

Auf der Treppe im Firmengebäude – das Familien-Trio aus Annette Görtz-Welsch, Maximilian (links) und Hans-Jörg Welsch. © ANETTE GÖRTZ

So wurden beispielsweise mit viel Aufwand Präsentationsvideos der Kollektion gedreht, damit die Kunden die Teile wie in Echtzeit von allen Seiten sehen können. „Weil man Stoffe haptisch erleben, anfassen, erfühlen muss, wurden Handmuster erstellt und in eigens angefertigten Musterboxen in alle Welt verschickt“, erklärt Maximilian Welsch. Der 29-jährige Absolvent der Königlichen Akademie für Mode in Antwerpen ist erst vor einem Jahr in dem von seinem Vater Hans-Jörg gemanagten elterlichen Betrieb eingestiegen – und dann gleich ein solcher Start ins Berufsleben.

Statt auf Stoffmessen unterwegs zu sein oder Ideen und Inspirationen auf Reisen in Europa oder Übersee zu sammeln, war Krisenmanagement angesagt in Gütersloh. Dort in dem weißen Gebäude im Bauhausstil entstehen die ­Schnitte, werden in der eigenen Näherei die Musterteile gefertigt und im Atelier sitzen – umgeben von Zeichnungen, Drucken, Schnittmustern, Moodboards mit Garn- und Stoffmustern – Annette Görtz, das Designteam und neuerdings ihr Sohn.

Der ist zwar mit Zeichenblock und Nähmaschinen groß geworden, doch ob er in die Firma einsteigt, das war längst nicht klar. Kunst, Handwerk und Industriedesign waren sein Ding. Er bewarb sich trotzdem in Antwerpen und wurde mit einer Mappe, die keine Mode zeigte, gleich angenommen. „Ich habe nie gedacht, dass wir einmal zusammenarbeiten“, sagt Annette Görtz und zeigt offen, wie sehr es sie freut.

Amalfi-Gelb wird der nächste Sommer. © ANETTE GÖRTZ

Und klappt es – zwei Generationen, ein Projekt unter einem Dach? Schließlich ist die 61-jährige Kreative bekannt dafür, dass sie ungern die Fäden aus der Hand gibt. „Ich bin kein Teamplayer und muss das Loslassen schon üben“, verrät die Eigensinnige. Doch weil ein bisschen einmischen nicht geht, verantwortet der Sohn mit den anderen Designern eigene Projekte, sorgt für neue Impulse auch bei den Silhouetten und technischen Materialien.

Maximilian weiß, worauf er sich eingelassen hat – auf ein etabliertes Unternehmen, auf eine Marke, die den Namen seiner Mutter trägt. Doch er ist gelassen und selbstbewusst. „Es macht Spaß, die Zukunft der Firma mitzugestalten und es ist ein großes Privileg.“ Der 29-Jährige, der in England zur Schule gegangen, in Belgien studiert und in New York gelebt hat, hat sich in Gütersloh („nicht der attraktivste Standort“) gemeinsam mit seiner Frau Jennifer, einer amerikanischen Künstlerin, eingerichtet. Kennengelernt haben die beiden sich während des Studiums und im März erst war die Hochzeit.

© ANETTE GÖRTZ

Auch wenn 2020 ein Jahr mit vielen Stolpersteinen ist und „wir am Ende finanzielle Verluste verbuchen“, sind Mutter und Sohn zuversichtlich, sehen in Veränderungen Chancen. Die positive Resonanz der Kunden auf die neue Herbstware und die Musterkollektion für Sommer 2021, aus der Teile in Amalfi-Gelb herausstechen, mache Mut. Annette Görtz hat offenbar nie, wie viele andere in der Branche, den Faden verloren – nicht bei ihrem Produkt oder bei ihren Kunden und schon gar nicht bei ihrem Sohn.

Da die nächste Generation in Gütersloh an Bord ist, nimmt sie sich die Freiheit, in diesem Sommer ein paar Tage am Meer auf Sylt zu sein, dort wo sie als Kind stets mit ihren Eltern in Urlaub war. Derzeit lebt sie in ihrer zweiten Heimat – in Deià auf Mallorca. „Das Licht, die Sonne, das Wasser ist hier wie immer“, sagt sie. „Doch Covid-19 hat vieles verändert, die Leichtigkeit des Seins wird überschattet von der Sorge um die Zukunft.“

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