Oder doch Vieles neu? Neustart der Sylter Gastronomie
von WALTER STEMBERG und TORSTEN STIEGEMANN
An dieser Stelle stellen wir Ihnen immer zwei besondere Sylter Restaurants vor, die für Qualität und Service sowie oft auch für Innovation stehen. Die aktuellen Herausforderungen, die exorbitanten Änderungen und Auflagen, das veränderte Konsum- und Ausgehverhalten stellen die Gastronomen allerdings derzeit vor besondere Aufgaben. Wir versuchen daher diesmal statt der gewohnten Restaurant-Porträts einen ersten Ausblick darauf, wie einzelne führende Betriebe die Anforderungen meistern, wie sie vielleicht auch aus der Not eine Tugend machen.
Innerhalb weniger Wochen wurde der Status Quo aller Sylter Betriebe gebrochen und muss nun nach dem Neustart in eine noch ungewisse Zukunft neu definiert werden. Schmerzhaften Umsatzeinbußen und Personalausfällen stehen Zahlungsverpflichtungen und laufende Kosten gegenüber, dazu kommen eine wachsende Bürokratie und die Altlasten wie steigende Personalkosten, Arbeitskräftemangel wegen ungünstiger Arbeitszeiten und fehlenden Unterkünften auf der größten deutschen Nordseeinsel.
KURSÄNDERUNG
Die Krise bietet allerdings auch die Chance, grundsätzlich über bisherige Geschäftsmodelle nachzudenken. Dafür steht nun Sylts Shirobar. Das führende Restaurant für Sushi und Sashimi auf der Insel hat den Lockdown genutzt, um den 15.000 Syltern die Produkte der Küche als Take Away anzubieten. Das hat so gut funktioniert, dass Andrea Meusel und Thomas Fechner ihren Restaurantbetrieb zumindest in dieser Saison gar nicht mehr öffnen. „Unsere Küche ist prädestiniert für Take Away, da unsere Gerichte selbst innerhalb von zwei Stunden nicht an Qualität verlieren.“ Betriebswirtschaftlich helfen der verminderte Mehrwertsteuersatz und geringere Personalkosten wesentlich der so erzielbaren Rendite.
MEHR SERVICE
Constantin Nordmann, Geschäftsführer des Gosch-Betriebs in Wennigstedt, geht einen anderen Weg. Er hat die Zeit genutzt für notwendige Renovierungsarbeiten, die im Normalbetrieb der Saison nicht möglich gewesen wären. Für die Stamm-Belegschaft wurde Kurzarbeit angemeldet, und Arbeitgeber Gosch füllte das Nettoeinkommen auf 100 Prozent auf. Die Zuzahlung können die Mitarbeiter in Form von Überstunden nachträglich abarbeiten. Der fehlende Umsatz wurde auch hier durch das Take-Away-Geschäft teilweise aufgewogen, weil die Sylter das Angebot dankend angenommen haben.
Bei Gosch in Wenningstedt werden die Hygienemaßnahmen exakt umgesetzt. Alle Gäste werden vom Personal an den Tischen platziert und dort von einer Servicekraft bedient, wo sonst Selbstbedienung üblich war. Die Gäste nehmen den zusätzlichen Service gern an – und das zahlt sich in einem deutlich erhöhten Pro-Kopf-Umsatz aus. Dafür bietet Constatin Nordmann seinen Gästen zusätzlich neue hochwertige Produkte an – zum Beispiel die beliebten Eissorten der Firma Cremeeis aus Wuppertal, hergestellt nach Rezepten von Sternekoch Sascha Stemberg aus Velbert.
ZUWACHS
Bastian Falkenroth, der sich bereits mit seinem Düsseldorfer „Nenio“ einen Stern erkocht hat, ist seit einem Jahr auf Sylt. Mit seinem Restaurant „Goldgelb“ konnte der Gastronom wegen des Lockdown zwar kein Einjähriges feiern, aber man nutzte auch hier die Zeit, um zu resümieren. Das Ergebnis ist vielversprechend. In Kürze wird das Ladenlokal an der Wilhelmstraße erweitert. Einzug hält ein Feinkostgeschäft und ein kleines Küchenstudio. Während der Corona-Krise hat Falkenroth bereits ein Event-Format entwickelt, nach dem er dort künftig für seine Kunden live kocht.
PIZZA NEU
In den Dünen, nahe der Nordseeklinik, wird Falkenroth im Juli ein weiteres Lokal eröffnen. Mit unbeschwerter Strandatmosphäre bietet es neapolitanische Pizza mit einer exquisiten Weinauswahl an. Man darf gespannt sein, ob sich hier ein neuer Hot Spot entwickelt.
NACHWUCHS VORAN
Jan-Philipp Berner sorgt bereits seit 2013 neben Johannes King in Sylts erster Genussadresse Söl´ring Hof für Hochgenuss. Nach der offiziellen Übergabe setzt der 31-Jährige nun im 2- Sterne-Restaurant seine Konzeption mit einer perfekten Balance aus fulminanter Aromatik, Gastlichkeit, Service und Teamplay weiter fort.
Im Gespräch besticht Berner trotz seiner jungen Jahre durch absolute Professionalität, Charme und Fachkompetenz. Zum Lockdown meint er: „Es war eine sehr schwierige Situation, eine Situation die noch nie da war. Daher gab es auch keine Erfahrung, keine Richtlinie wie zu verfahren ist. Von einem zum anderen Moment wurde einem das Zepter aus der Hand genommen. Es ging natürlich um die betriebliche Existenz, aber in erster Linie um die 50 Existenzen unserer Mitarbeiter. Mit jedem Einzelnen wurde die persönliche Situation besprochen und bei Bedarf ein finanzieller Ausgleich geschaffen“.
Intern hat man die Zeit genutzt, um über die Zukunftsfähigkeit des Betriebes nachzudenken. „Bei einer Autofahrt am Ostersonntag wurde einem die Krise auf besonders absurde Weise vor Augen geführt. Auf dem Parkplatz der Sansibar stand nicht ein PKW, alles war verwaist, es war gespenstisch“.
Gemeinsam mit den Auszubildenden entwickelte man ein neues Konzept. Daraus entstanden Tellergerichte zum Preis von 15 Euro. Alle Auszubildenden waren zugleich Chefs und Mitarbeiter. Sie wurden in alle Bereiche des Gastronomiebetriebes eingebunden und durften dabei „über den Tellerrand hinausschauen.“ Sie planten die Rezepte, kauften ein, lernten dabei, betriebswirtschaftlich zu denken und hauszuhalten. „Es ist schwierig für 15 Euro ein qualitativ hervorragendes, frisches Gericht zu kochen – Trüffel war da nicht angesagt“, berichtet Jan-Philipp Berner.
Jeden Tag wurden so 140 Portionen an die Sylter Mitbewohner herausgegeben, die dankbar mit Ihren eigenen Tellern vorbeikamen. Berner „Es war eine schöne Zeit. Wir konnten viele neue Gesichter begrüßen, aber auch viele Freundschaften pflegen! Wofür machen wir Gastronomie? Um den Menschen etwas Gutes zu tun!“
Die Sylter Gastronomen, so scheint es, haben die Herausforderung angenommen. Viele gehen sogar gestärkt hervor und kommen mit neuen Ideen und Konzepten zurück in die neue Realität. Dazu gehören weiterhin Abstandsregeln und strenge Hygienemaßnahmen. Sylts Gastronomen werden darauf achten, dass sie eingehalten werden. Ganz bestimmt.
Haus Stemberg unter den TOP 30 Deutschlands
Der Feinschmecker, Deutschlands führendes Gourmetmagazin, hat unseren Partner in der neusten Ausgabe geehrt.
Sascha und Walter Stemberg gehören mit Ihrem Konzept zu den besten und zukunftsträchtigsten Restaurantbetrieben in Deutschland – ein Ritterschlag! Ein neues Take-Away-Prinzip von dem Sascha Stemberg sagt: „Die Gäste wollen bei Außer-Haus-Gerichten keine Pinzetten-Perfektion. Das wird auch im Restaurant wichtiger werden: Ideen, aber mit weniger spürbaren Aufwand“. Gastlichkeit wird wichtiger werden und das beweisen Sascha und Walter Stemberg souverän und lässig. Hier gelingt der Spagat zwischen Wirtshaus und Sterneküche besonders gut. MyiLands gratuliert und freut sich auf die immer kompetente, unkomplizierte und freundschaftliche Zusammenarbeit.
Haus Stemberg
Kuhlendahler Straße 295
42553 Velbert
Tel. 02053 56 49