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KLARE FORMEN, OHNE SCHNÖRKEL

Jan Philippi leitet eine hanseatische Designmanufaktur für Wohnaccessoires und Geschenkartikel. Auch auf Sylt ist er zu Hause.

Wenn er an Sylt denkt, dann erinnert er sich an seine Kindheit. Die Zeiten damals, die er von Mai bis September bei seinem Großvater, einem Architekten in Hörnum, verbracht hat. „Als ich gerade ein Jahr alt war, hat mein Großvater 1961 eines von diesen Strohdachhäusern auf der Düne gebaut. Es waren unglaublich schöne Sommer, die ich dort erlebt habe. Dort habe ich Laufen, Rollschuh- und Fahrradfahren gelernt“, erzählt Jan Philippi, Sohn einer Goldschmiedin. Irgendwann wurde das Haus der Großeltern verkauft, doch die Liebe zur Insel ist geblieben. Inzwischen besitzt der gebürtige Hamburger eine „kleine, knubbelige“ Wohnung in Keitum und das, was auf Sylt eine Hausscheibe genannt wird.

„Sylt erdet mich. Sobald ich übersetze, verliert sich der alltägliche Druck.“

JAN PHILIPPI

Jedes zweite Wochenende versucht der Gründer und Inhaber der norddeutschen Design­manufaktur Philippi auf der Insel zu sein. Er mag dieses fahle, silberne Licht abends, wenn die Sonne untergeht. Die Natur, das Wasser, die Weite und den Strand – er kann es kaum in Worte fassen. „Sylt erdet mich. Sobald ich übersetze, verliert sich der alltägliche Druck“, sagt der 61-Jährige.

Natürlich hat der kreative Unternehmer mit dem wachsamen Auge stets seinen Skizzenblock dabei. Denn Ideen fliegen ihm überall zu. Mit der Hand und am liebsten auf Millimeterpapier zeichnet der Autodidakt, der nie eine Kunst- oder Designschule besucht hat, die Entwürfe für seine Kleinigkeiten wie schön gestaltete Brieföffner, Schlüsselanhänger, Bilderrahmen, Uhren oder Champagnerschalen sowie puristische und gleichermaßen praktische Utensilien für Reise und Büro.

Und das seit 30 Jahren: 1992 eröffnet Jan Philippi in der Hamburger Innenstadt zwei kleine Geschäfte, in denen er seine Entwürfe verkauft hat – zunächst alles in Eigenregie. Abends entwirft er, tagsüber steht er im Laden. „Das war nicht gut“, erinnert er sich. Kurzentschlossen hat er den Einzelhandel abgegeben und sich auf Design, Einkauf und Vermarktung seiner Kollektionen konzentriert.

Heute sind für die Marke 20 Mitarbeiter im Inland, ein Pool aus Freelancern und zahlreiche Auslandsvertretungen tätig. Philippi hat in mehr als 90 Ländern Liebhaber gefunden, allen voran in Japan, den USA, Südamerika, Italien, Südafrika, in den Emiraten. Sogar im Museum of Modern Art in New York steht ein Philippi. Jährlich kommen rund 100 Produktneuheiten aus hochwertigen Materialien wie Edelstahl und verchromtem Metall – teilweise aufgelockert durch Glas oder Lederelemente – auf den Markt. Alle Produkte – made in Henstedt-Utzburg, nördlich von Hamburg – tragen die Handschrift des Chefs. Er prüft selbst jedes Design und übernimmt die Auswahl der Betriebe, die die Fertigung der Entwürfe übernehmen. Der Jahresumsatz lag zuletzt bei rund sieben Millionen Euro.
Der Designer Jan Philippi mag klare Formen, ohne Schnörkel – alles andere lenke nur vom Wesentlichen ab. Insgesamt 500 Teile umfasst das Sortiment. Ein Renner seit der ersten Stunde ist „Paco“, ein leicht geschwungener Brieföffner. 100 000 Mal wurde er bisher verkauft und oft kopiert. Aber auch die Fruchtschale Cocoon, der Parkscheinhalter Angelo, die Vase Margeaux und der Hamburger Hocker wurden zu Bestsellern.


Die Liebe zur Klarheit zeigt sich übrigens auch in den eigenen vier Wänden auf Sylt ebenso wie in Hamburg. Dort leben der 61-Jährige und sein Mann im Stadtteil Harvesterhude, in der Endetage eines hochherrschaftlichen weißen Altbaus und damit über den Dächern der Stadt.

Jetzt endlich – nach zwei Jahren Corona-Stillstand kann der Geschäftsmann wieder weltweit auf Reisen gehen, um neue Designs und Lieferanten aufzuspüren oder Vertriebspartner zu treffen oder vor Ort in den Produktionsstätten – wie zuletzt in Indien – den letzten Schliff seiner Entwürfe zu begutachten.

In diesem Jahr feiert die Marke ihr 30-jähriges Bestehen unter anderem mit einer limitierten Edition: „Zum ersten Mal werden wir golden“, sagt Philippi. Die Klassiker aus drei Jahrzehnten werden in mattem und glänzendem Gold aufgelegt. Der Hamburger Hocker beispielsweise kommt in einer 60er-Auflage aus gebürstetem Gold und mit einer Kordel aus Rohseide in den Handel.

Und wie geht es weiter? „Ich bleibe weiter an der Spitze meines Unternehmens und leite die Designmanufaktur“, erklärt der gebürtige Hamburger. Ihm zur Seite steht sein Neffe Jonas Philippi, der einst die Nachfolge antreten soll. Derweil wird Jan Philippi so oft wie möglich seine freie Zeit auf Sylt verbringen – in der Rantumer Dünenlandschaft am Strand von Samoa im Seepferdchen einkehren oder bei Oma Wilma in Keitum oder einfach mit den Füßen im Sand den Sonnenuntergang genießen.

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