Mit den „Wattjungs“ das UNESCO-Welterbe erleben
Wer nach Sylt kommt, kann hier nicht nur die einzigartige Dünen- und Heidelandschaft und die für die Insel so charakteristischen breiten Sandstrände erleben. Die Nordseeinsel ist zudem eingebettet in das UNESCO-Welterbe Wattenmeer, das sich über eine rund 11.550 km² große Fläche erstreckt. Sie verbindet Deutschland Dänemark und Holland und beherbergt rund 2.300 Pflanzen- und Tierarten, davon allein über zehn Millionen Vögel auf der ostatlantischen Vogelzug-Route zwischen Afrika und Sibirien. Rund ein Dutzend zertifizierter Nationalpark-Wattführer wie Werner Mansen und Jan Krüger
(www.sylt-wattwanderungen.de) bringen den Sylt-Gästen auf unterschiedlichen Routen und abwechslungsreichen Wanderungen den faszinierenden Lebensraum Wattenmeer näher.
Am 26. Juni 2009 wurde das Nordfriesische Wattenmeer wegen seines „außergewöhnlichen universellen Wertes“ von der UN-Organisation für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) als Weltnaturerbe anerkannt. Zeitgleich haben sich die zertifizierten Nationalpark-Wattführer und -Partner im Fachverband der Wattführerinnen und Wattführer im Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer e.V., kurz „De Wattenlöpers“, zusammengeschlossen und feiern in diesem Jahr ihr 25-jähriges Bestehen.
Wattführer und Naturschützer mit Leib und Seele
Werner Mansen ist Gründungsmitglied im Fachverband und Nationalpark-Wattführer der ersten Stunde. Er hilft ehrenamtlich als Mentor für neue Wattführerkolleg*innen und als Stellvertreter im Vergaberat für Nationalpark-Partnerschaften. Gemeinsam mit anderen engagierten, ehrenamtlichen Mitgliedern setzt er sich u.a. für den Küstenschutz, den Nationalpark und den Meeresschutz ein. In List auf Sylt geboren, wurde er durch seinen Vater schon von Kindesbeinen an für Meeresbiologie begeistert. So ist es kaum verwunderlich, dass der Naturkundler, bekannt als ehemaliger Leiter des Naturzentrums in Braderup und Geschäftsführer der Naturschutzgemeinschaft Sylt e.V., mit „Leib und Seele“ als Nationalpark-Wattführer wirkt und sich dafür einsetzt, dass auch nachfolgende Generationen noch die lebendige Natur auf und um Sylt herum erleben können.
In der Regel ausgehend von der Bushaltestelle Vogelkoje in Kampen, führen die „Wattjungs“ Werner Mansen und Jan Krüger mit fundiertem Wissen und spielerischer Leichtigkeit durch den Nationalpark Wattenmeer. Erlangt haben die beiden Einheimischen ihr wattspezifisches Wissen in einer rund zweijährigen Ausbildung zum zertifizierten Nationalpark-Wattführer, die darauf vorbereitet, Gäste sicher durchs Watt zu führen und Wissen weiterzugeben. Mehrfach jährlich besuchen sie dazu entsprechende Fortbildungen, um den Wissensstand aktuell zu halten.
Lebensraum Wattenmeer
„Durch seine geographische Lage gibt es im Wattenmeer rund um Sylt besonders viel zu entdecken“, erklärt Werner Mansen. „Verschiedene Wattflächen wie das Sandwatt, das Mischwatt und das Schlickwatt beherbergen an verschiedenen Orten unzählige Tier- und Pflanzenarten. Dann gibt es noch Sand- und Muschelbänke sowie Priele, die wiederum einzigartige Lebensräume für unterschiedliche Lebensformen sind“, so der 72-Jährige. Am Boden, in der Luft und im Wasser gebe es viel zu entdecken und zu erleben. Seien es die farblich unterschiedlichen Bodenschichten mit den „Sandspaghetti“, den Hinterlassenschaften der Wattwürmer, oder der moderige, teils schwefelhaltige Geruch, der für bestimmte Gebiete im Watt so charakteristisch sei.
Neben den „Small Five“, den Wattwürmern, Herzmuscheln, Strandkrabben, Wattschnecken und Nordseegarnelen, seien beispielsweise auch die „Flying Five“, darunter der Alpenstrandläufer, die Brandgans, der Austernfischer, die Silbermöwe und die Ringelgans, hier anzutreffen. Zu den im Wattenmeer lebenden Säugetieren zählen Seehunde, Kegelrobben und Schweinswale. „Der Westküstenbereich vor Sylt ist nämlich Schweinswalschutzgebiet“, sagt der Wattführer. Im Schlick tummeln sich Muscheln und Krebse, Ringel-, Faden- und Strudelwürmer, darüber hinaus ist das Watt Laichplatz von zahlreichen Meeresfischen wie Scholle und Seezunge. „Auf dem ostatlantischen Vogelzugweg gelegen, dient das Wattenmeer rund um Sylt zudem als Rast-, Mauser- und Überwinterungsgebiet auf der Strecke von Südafrika entlang der Atlantikküste nach Nordsibirien. Dank seines Artenreichtums finden die Vögel hier ein „All-you-can-eat-Buffet“ vor, das sie für ihre lange Reise wappnet“, erklärt Werner Mansen.
Im Frühjahr und Sommer das Watt hautnah erleben
Wattwanderungen seien zu jeder Jahreszeit interessant, aber gerade im Frühjahr und Herbst, wenn die Zugvögel oft in großen Schwärmen durchreisen, biete sich ein ganz besonders Schauspiel. „Wenn die Natur im Frühjahr erwacht und für viele Tierarten die Paarungszeit beginnt, kann man Dinge beobachten, die nur zu dieser Jahreszeit zu sehen sind. Viele Pflanzen- und Algenarten beginnen, zu wachsen, die Wurmarten hinterlassen teils gallertartige Blasen und Schleimkugeln am Boden und die Krebstiere und Strandkrabben zeigen sich dann besonders häufig“, so Werner Mansen.
Zu dieser Jahreszeit empfehlen sich noch bevorzugt die Wanderungen durch Sand- und Mischwattgebiete. Das Schlickwatt solle man eher im Sommer besuchen, da hier die Gefahr bestehe, zu weit einzusinken und nicht mehr trockenen Fußes heimzukehren. Neben wind- und wetterfester Kleidung rät der erfahrene Wattführer und Naturliebhaber je nach Jahreszeit zu Gummistiefeln oder Badeschuhen und zum Sonnenschutz. „In der wärmeren Jahreszeit ist es auf bestimmten Strecken aber auch der absolute Hit, barfuß zu laufen und das Watt hautnah zu erleben.“
Neben den lehr- und erlebnisreichen Wattwanderungen bieten Werner Mansen und Jan Krüger auch Austernwanderungen, Strand- und Dünenspaziergänge, Inselerkundungen, geführte Fahrradtouren, Outdoor-Rahmenprogramme für Tagungen und Kongresse sowie Ortsführungen und Diavorträge an. All das ist auch individuell buchbar, je nach Vereinbarung sogar beginnend am jeweiligen Hotel oder der Ferienwohnung.
„Geführte Wanderungen aller Art laden ein zum prallen Erleben und Genießen der vielfältigen Naturlandschaften und ermöglichen es, das eigene Wissen zu erweitern“, sagt Werner Mansen. Für Interessierte gebe es dabei auch die Möglichkeit, sich an Naturpflegeaktionen mit den Naturschutzverbänden zu beteiligen.