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Auf Kohle geboren

Ein Künstlerleben zwischen Buer, Manhattan und Canayamel

AUF MALLORCA SPÜRT CHRISTIAN NIENHAUS WAHRE LEICHTIGKEIT. ABER NUR AN DER RUHR FÜHLT ER SICH WIRKLICH ZUHAUSE

von PETER LAMPRECHT

Ein Februarmorgen gegen neun Uhr auf Mallorca. Auf der Terrasse einer renovierten Finca nimmt ein Mann sein Frühstück in der Morgensonne. Sein Frühsport, ein Lauf über etwa zwei Kilometer zum Strand von Canyamel und dann wieder retour, liegt bereits hinter ihm. Christian Nienhaus, seit mehr als zehn Jahren weltweit als Künstler unterwegs, ist bereit zur „Frühschicht“ in seinem Insel-Atelier. Das Gebäude, ursprünglich eine Doppelgarage, hat er 2017 weitgehend selbst renoviert und umgebaut, und dort arbeitet er seit 2018 etwa fünf Monate im Jahr, meistens zunächst bis gegen 14 Uhr. Anschließend trifft er sich zum Lunch in einem Restaurant der Umgebung.

Im Hintergrund sein Atelier auf Mallorca: hier genießt Christian Nienhaus die „wahre Leichtigkeit” // Foto © Atelier Nienhaus

Zu Abend nutzt er die Fülle erstklassiger Restaurants im Osten Mallorcas. Beispielhaft nennt er das Restaurant des Hyatt gleich gegenüber seiner Finca, das Simonetta in Canyamel und „den Trüffelkönig Pasquale in Son Severa, der macht die beste Pasta auf der Insel.“ Meistens abends gegen 22 Uhr, nach einer weiteren Runde kommunikativer Begegnungen, folgt Teil zwei seiner täglichen Schaffensperiode im Atelier. „Das ist meine kreativste Phase“, sagt der Künstler. Sie endet meistens gegen zwei oder drei Uhr früh.

Arbeit mit Struktur
Der Tagesablauf beschreibt ein strukturiertes Alltagsleben. „Es ist anders als in den meisten übrigen Berufen“, bestätigt Nienhaus. „Aber nur chaotisch, ohne feste Strukturen, kommen auch wir Künstler nicht weiter.“ Die Vita des 43Jährigen Mannes aus Gelsenkirchen-Buer und seine Pläne fürs laufende Jahr sind der beste Beweis dafür, dass die Strukturen ebenso wie die Einstellung stimmen. Christian Nienhaus wird auf Mallorca noch in diesem Jahr gemeinsame Projekte mit dem benachbarten Luxushotel Hyatt umsetzen, ebenso mit dem Golfclub Canyamel und mit dem Museum des Ortes an der Ostküste Mallorcas. Und daheim in seinem 900-Quadratmeter-Atelier, eingerichtet im einstigen Gebäude des Bahnhofs Buer-Nord. „Da bereite ich vor allem eine Ausstellung vor für den November.“

Einst Bahnhofshalle, jetzt Groß-Atelier in Gelsenkirchen-Buer: Bei Christian Nienhaus ist Platz für Kunst und Kulinarik selbst der schnittige Sportwagen ist mühelos untergebracht // Foto © Atelier Nienhaus

Schwerpunkt Buer
Die mediterrane Insel betrachtet er als Quelle neuer Einflüsse und als idealen Platz, um mit Künstlern aus aller Welt entspannt neue Kontakte zu knüpfen, dabei neue Inspiration zu finden. „Auch in Buer habe kein Problem, in mein Atelier große Namen aus Los Angeles oder Industrielle aus Japan und China einzuladen. Erst vor ein paar Wochen war eine Besuchergruppe aus Japan da – und alle waren begeistert von der Schönheit unserer Städtelandschaft an der Ruhr. Aber nur auf Mallorca sind so viele Kreative aus aller Welt anzutreffen, und die entspannte Atmosphäre macht alles noch leichter.“

Sein Mittelpunkt bleibt gleichwohl die Heimat an der Ruhr. „Da sind meine Wurzeln, zu denen ich immer zurückkehren werde. Wer auf der Kohle geboren ist, fühlt sich am wohlsten bei den Menschen, denen es auch so geht. Unser Ruhrgebiet ist die spannendste Sternenregion, die ich kenne. So viel Kultur, so viele Anstöße für meine Arbeit, das ist weltweit einmalig. Nirgends gibt es außerdem so unkomplizierte, offene Menschen, die besten Freunde, die man sich wünschen kann.“
Wie auf Mallorca, so will Christian Nienhaus deshalb weiterhin auch daheim fünf Monate pro Jahr leben und arbeiten – „der Rest ist für internationale Verpflichtungen bestimmt.“ Zwei Monate also, in denen der weltweit gefragte Maler und Kinetiker an Hot Spots wie New York, Paris und Berlin zu finden ist: „Bis 2020 bin ich auch dort überall wieder eingespannt in neue Projekte“, sagt er. Bis dahin hält er seine Antennen empfangsbereit ausgefahren, sensibilisiert für Einflüsse aus „einer Welt im Wandel: Es ist der Wandel hin zu den neuen Zwanziger Jahren unseres Jahrhunderts, die neue Impulse und neue Herausforderungen für uns alle bereithalten.“

Benefiz-Partner im Atelier: Stiftungsgründer Manuel Neuer unterstützt Kinder aus seiner Heimatstadt Gelsenkirchen, Künstler Christian Nienhaus unterstützt die Neuer-Foundation als Mitglied des Kuratoriums // Foto © Anne Breilmann

Bilder geschichtet
In seinen Tagebüchern sammelt Nienhaus Informationen und Eindrücke zu diesem Leit-Thema, alles wird in einzelnen Skizzen festgehaltenn. „Die Bilder brennen sich wie eine Collage in mein Gedächtnis ein. Und daraus entstehen dann zum Schluss meine Arbeiten – mehrere Schichten unterschiedlicher Bildfetzen, die am Ende zu einer künstlerischen Einheit verdichtet werden.“ Die expressiv wirkenden Arbeiten von Christian Nienhaus finden sich in den Häusern von Hollywood-Größen wie „Rocky“-Star Sylvester Stallone und Filmmusik-Mogul ­Harold Faltermaier, seine Arbeiten werden ebenso geschätzt von befreundeten deutschen Sterneköchen wie Nelson Müller, Björn Freitag und Frank Rosin.
Mit denen und mit etlichen anderen Gästen hat Nienhaus schon Gourmetfreuden und Kochshows in seinem Atelier organisiert. Die opulente Kücheneinrichtung stammt vom Großküchenhersteller Küppersbusch aus Gelsenkirchen. Der Künstler, der immer gern auch selbst die Schöpfkelle schwingt, setzt nun auch auf Mallorca ein ähnliches Ausrufezeichen. Dort mauert er gerade einen großen Herd samt Kamin draußen auf seiner Terrasse.
Solche Bodenständigkeit gehört zur Ruhr-DNA des Künstlers Nienhaus: Zunächst hatte er vor, sich auf die Nachfolge im renommierten Büroeinrichtungshaus seines Vaters vorzubereiten. Er studierte Gestaltungstechnik mit den Schwerpunkten Grafik und Objektdesign. Dann legte er allerdings nach, folgte einem Ruf seines Mentors Prof. Detlef Bach und studierte 1999 bis 2002 Freie Kunst an der Ruhrakademie. „Ich hatte das große Glück, mich frei entscheiden zu dürfen. Und so fiel die Entscheidung für die Kunst“. Der Bruder rückte an die Spitze des Unternehmens. Inzwischen ist auch Christian Nienhaus Unternehmer und Arbeitgeber. Drei Mitarbeiter stehen ihm in Gelsenkirchen-Buer zur Seite. „Sie halten mir organisatorisch und kaufmännisch den Rücken frei und sorgen für die notwendigen Kontakte mit den Medien und im weltweiten Netz“.

Sozialer Einsatz
Seit Anbeginn gehört zugleich soziales Engagement zum Leben dieses Künstlers. Gemeinsam mit Fußball-Idol Manuel Neuer hat Nienhaus als Kuratoriumsmitglied die „Manuel Neuer Kids Foundation“ aufgebaut, die heute benachteiligte Kinder vor allem in der gemeinsamen Heimatstadt Gelsenkirchen unterstützt. Weiteren Stiftungen ist Nienhaus verbunden, und auch Anfragen über Facebook lässt er oft nicht unbeantwortet. So manche Originalskizze aus seiner Feder wurde da schon verlost – und das Ergebnis steht beispielsweise dann als neue Rutsche auf dem Gelände eines Kindergartens.

„Face – Inner Schönheit” (60 x 90 cm) // Foto © Atelier Nienhaus

STATIONEN EINES KÜNSTLERLEBENS
2006 schuf Christian Nienhaus zur Fußball-WM die viel beachtete kinetische Metall-Skulptur „Erdsein“ – die Kontinente bewegen sich weg von der Erdkugel, kehren dann aber zurück: Das Spiel ermöglicht das Zusammenfügen der Erdteile 2009 präsentierte er sich live in der ersten weltweit interaktiven Live-Performance eines Künstlers im Internet: „Inspire Me“
2010 beteiligte er sich am Kulturhauptstadt-Jahr mit der Ausstellung „Art meets Aquavitae“ in Essen
2012 arbeitete er mit am BMW-Kunstadventskalender „Artists for Kids“
2013 folgte die Ausstellung „Meine Dompteurin“ in Barcelona
2014 gewann er den H & D Award „Art meets Kitchen“
2015 Ausstellung „Aqua“ in Monaco
2016 Ausstellung „Pirouetten“ im Fairmont Hotel Monte Carlo
2017 Ausstellung „Pirouetten“ im SoHo, Manhattan

Abbildung ganz oben: „World of stars” (200 x 160 cm) // Foto © Atelier Nienhaus

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