VOM GEHEIMTIPP ZUM HOTSPOT FÜR GOURMETS
von TORSTEN STIEGEMANN
Nein, ein Geheimtipp ist das Fera schon längst nicht mehr! Mit allen Sinnen geniessen, sich fallen und verführen lassen – dafür wird das Spitzenrestaurant im Herzen von Palma geliebt und natürlich nun auch wieder besucht. Hinter der rummeligen Einkaufsmeile Jaime III liegt das Restaurant in einem denkmalgeschützten Gebäude. Im Obergeschoss hat er älteste und angesehenste Wirtschaftsclub Mallorcas seinen Sitz. Wenn man durch die Glastür ins Lokal schreitet, fühlt man sich zunächst wie in einer liebevoll eingerichteten Galerie.
Kaum anderswo in Europa wurden die Einheimischen per Ausgangssperre so drastisch auf die eigenen vier Wände zurückverwiesen wie auf den Balearen, mehr als 200.000 Menschen auf Mallorca wurden im Sinne des Wortes brotlos. Aber ausgerechnet die feurigen Südländer erwiesen sich als besonders diszipliniert. Sie und ihre Landsleute auf den Kanaren durften nun den Wind der Freiheit als erste wieder atmen, denn kaum sonst in Europa hat die Einhaltung der Corona-Regeln den Erreger so schnell und gründlich zurückgedrängt wie unter der Sonne Mallorcas oder Teneriffas.
Zeitgenössische Werke, Gemälde, Fotografien und Skulpturen von Künstlern wie Toni Garau, Naja Utzon und Toni Petraza beeindrucken. Sie strahlen Ruhe aus, sind einladend, alles ist aufeinander abgestimmt. Dafür, dass das so perfekt geworden ist, haben Sheela und Ivan Levy gesorgt. Sheela ist Innenarchitektin und hat es perfekt verstanden, Kunst, Architektur und Genuss zu einer Wohlfühlatmosphäre verschmelzen zu lassen. Mit dem Österreicher Simon Petutschnig am Herd konnte der Schweizer Hausherr Ivan Levy sein gastronomisches Konzept verwirklichen. Petutschnik verwöhnt seine Gäste schon seit Jahren auf höchstem Niveau. Im Zwei-Sterne-Restaurant Miramar an der Costa Brava hat er zusammen mit Sternekoch Paco Perez in einem der wohl besten spanischen Restaurants gekocht. Auf Mallorca führte Petutschnik das Restaurant Quadrat, das im Hotel Sant Francesc beheimatet ist, innerhalb eines Jahres als Küchenchef an die Spitze der Restaurantwelt in Palma.
Im Fera hat sich Simon über die Grenzen der klassischen mediterranen Küche hinweg gesetzt. Er kombiniert die mediterrane mit der asiatischen Küche. Regionale Produkte werden, wie Simon es ausdrückt, mit der Seele Asiens abgeschmeckt – und das bei jedem Gericht aufs Neue. Es entstehen Geschmacksexplosionen, auf die man nicht gefasst ist. Die Garpunkte wurden bei unserem Besuch wieder einmal perfekt getroffen. Dabei spielt es keine Rolle, ob man sich eher für die deftige Fleischkreation oder für die leichteren Fischgerichte entscheidet.
Der sehr freundliche und aufmerksame Service begleitete uns zum Tisch. Der Gastraum ist in sehr warmen Tönen gehalten, Kunst wohin man schaut, ohne dass es vom eigentlichen Genuss des Abends ablenkt. Innerhalb kürzester Zeit stellten sich unsere Servicebegleiter des Abend vor, erklärten uns die Karte und die verschiedenen Möglichkeiten. Der aufmerksame und sehr gut ausgebildete Sommelier empfahl uns als Aperitiv den hervorragenden Cava Alta Allela, Brut Nature. Wir entschieden uns für das Sieben-Gänge-Menü ART.
Daraus wurden sieben unvergessliche Erlebnis-Gänge. Das Simmentaler Steak Tatar war mit Nori-Algen, Oliven und Trüffel angerichtet und wurde gefolgt von Blauflossenthunfisch mit Forellen-Kaviar, Acocardo und Algenbrot. Die Foie Gras mit Ponzu (köstliche Kombination aus Sojasoße mit dem Aroma von Zitusfrüchten), Birne und Haselnuss – einfach ein Geschmacksaufreger.
Alles war perfekt mediterran angerichtet, hier ein kleiner Olivenzweig, dort eine Kiefernnadel. Alle Portionen waren angemessen gut portioniert – so blieben noch genügend Kapazitäten, um sich auf den nächsten Gang zu freuen.
Canelloni, gefüllt mit Landhuhn, Shiitake und Trüffel, gefolgt vom Wolfsbarsch mit Sellerie und Fenchel. Bei der Weinbegleitung vertrauten wir natürlich erneut dem Sommelier. Aus über 190 Positionen wählte er perfekt zu den Gängen die verschiedenen Weiß- und Rotweine aus: Hier ein Malvasia, dort ein Tinto Fino aus der Ribera del Duero zum Fleisch. Zum Dessert gab es verschiedene Schokoladen mit sauer-aromatischen Yuzu, Dulce de leche Kakao kunstvoll angerichtet – ein Hochgenuss.
Das gesamte Menü kostete nur 69 € – kaum nötig anzumerken, dass dies ein unglaublich günstiges Preis-Leistungsverhältnis widerspiegelt. Eine gute Küche braucht Qualitätsprodukte, Kreativität und die Liebe zum Kochen, dazu großen Respekt für den Gast – all das wird im Fera perfekt angeboten.
Im Anschluss daran sollte man auf jeden Fall dem Barkeeper im Fera einen Besuch abstatten. Die geschmackvollen, ausgewogenen Cocktails kann man direkt an der Bar oder im wunderschönen Garten/Innenhof genießen. Bei gutem Wetter steht der Garten selbstverständlich auch zum Lunch zur Verfügung.
Der Guide Michelin legt bei seinen Bewertungen den Akzent auf die gleichbleibende Qualität und Frische der Zutaten, deren fachgerechte Zubereitung und die Harmonie der geschmacklichen Verbindung. Wenn man dazu auch noch das Ambiente und den Service des Fera abwägt, kann es nur eine Frage der Zeit sein wann der erste Stern diese Leistung honoriert.