MyiLands Interview:
MALLORCA HOFFT: DIE NORMALITÄT KEHRT ZURÜCK
„Palma ist voll, die Urlaubsinsel ist wieder am Start!“ Mit diesen Worten beschreibt einer der kundigsten Zeitzeugen die aktuelle Lage zum Ende der Sommersaison auf Mallorca. Dr. Ciro Krauthausen ist Chefredakteur der Mallorca-Zeitung, die sich einen vorderen Platz in der Medienlandschaft der Insel erworben hat. Im Gespräch mit MyiLands zieht Krauthausen eine vorläufige Bilanz des zweiten Pandemie-Jahres und blickt voraus auf die Entwicklungen 2022.
Zuversicht klingt dabei durch: „August, September und Oktober waren schon wieder gut gebucht. Dazu hat gerade die besondere Begeisterung der Deutschen für Mallorca beigetragen“, sagt Krauthausen.
von PETER LAMPRECHT
Die Balearen-Regierung, die vorsichtigen Einwohner und die örtliche Tourismus-Wirtschaft hätten Mallorca mit großen Schritten aus dem Würgegriff der Pandemie befreien können. Mitte Oktober war die Inzidenz dreimal so niedrig wie in Deutschland. Die Impfquote der über Zwölfjährigen ist auf über 82 Prozent gestiegen, und einzelne massive Ausschläge wie im Frühjahr und Frühsommer haben sich bislang nicht mehr wiederholt: „Dass Abiturienten vom Festland hier im Frühjahr über die Stränge geschlagen und die Zahlen in die Höhe getrieben haben, lag auch daran, dass die Zentralregierung Lockerungen erlaubt hat, während hier alle noch auf der Bremse standen,“ sagt Ciro Krauthausen.
Mit sinkenden Infektions- und wachsenden Gästezahlen wurde in diesem Sommer auch die bis dahin dramatische soziale Lage der Mallorquiner abgemildert. „Viele konnten wieder im Tourismus arbeiten. Allerdings folgt nach dem Saisonende nun noch einmal eine winterliche Durststrecke“, bilanziert der Chefredakteur. Lediglich in Palma und Umgebung bleibt eine größere Zahl von Hotels im Winter geöffnet. An den übrigen Schauplätzen des Sommervergnügens ist fast alles geschlossen.
Das „3G“-Prinzip „Geimpft, Genesen oder Getestet“ werde auf Mallorca wesentlich lockerer gehandhabt als in Deutschland, nach dem Covid-Pass gefragt werde nur bei der Einreise und in Diskotheken und Nachtclubs“. Derzeit herrscht sogar ein Überangebot an Impfstoff, auch ausländische Bewohner auf Zeit können eine Impfdosis beantragen.
Die Schauplätze des „Ballermann-Tourismus“ an der Playa de Palma sind weiterhin nur teilweise geöffnet: „Der Bierkönig ist offen, aber es darf weder gesungen noch getanzt werden, alle bleiben an den Tischen sitzen. So wirkt das eher wie ein Biergarten. Andere Große haben die Saison für beendet erklärt, und der Megapark eröffnet ohnehin erst 2022 wieder.“
Erstmals allerdings hat kürzlich auf der Insel wieder ein Konzert mit 5000 Besuchern stattfinden können. Krauthausen sagt mit Blick auf Weihnachten voraus: „Der sonst übliche Volksfestcharakter bleibt wahrscheinlich noch aus, aber die stimmungsvolle Illumination und die kleineren lokalen Feste kehren wohl zurück.“
Die Blicke richten sich weiter nach vorn. Ciro Krauthausen: „Wenn es die Pandemie-Daten erlauben, läuft alles auf Normalität im neuen Jahr hinaus.“ Wobei sich die Frage stelle, welche Normalität sich Mallorca für die Zukunft wünsche. Auf der Insel sei man sich weitgehend einig, dass die milliardenschweren Corona-Hilfen der EU eine historische Gelegenheit sind, Mallorca und die Nachbarinseln nachhaltiger und moderner aufzustellen. Die Balearen-Regierung plane für die kommenden Jahre Investitionen in Höhe von 4,5 Milliarden Euro.Vorgesehen seien unter vielen anderen Projekten eine Straßenbahn zwischen Palmas Innenstadt, der Playa de Palma und dem Flughafen, eine Wasserstoffproduktion, die Ansiedlung von High-tech-Zentren oder der Bau neuer Kläranlagen. „Was es nicht geben sollte, ist ein Zurück zu den Problemen von vor Corona“, meint Krauthausen. „Derzeit liegen an manchen Tagen schon wieder bis zu fünf Kreuzfahrtschiffe gleichzeitig im Hafen von Palma. Das ist zu viel, hier muss entzerrt werden“.