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Top-Trompeter Till Brönner

Er verspricht: Kampenjazz wird 2021 nachgeholt, und zwar mit neuen Ideen für eine veränderte Festival-Welt, sagt der Jazz-Professor, der in seiner Corona-Pause Streaming-Auftritte verschmäht hat: „Da fehlt das unmittelbare Echo des Gegenübers“.

von PETER LAMPRECHT

In zwei Wochen, am 10. und 11. Juli, sollte in Kampen eigentlich ein kleines Jubiläum über die Bühne gehen: „Kampenjazz“, das feine Jazz-Event unter musikalischer Leitung des besten deutschen Jazz-Trompeters Till Brönner, hätte seinen fünften „Geburtstag“ gefeiert. Doch Anfang April schon kam die Absage, natürlich wegen der Corona-Krise. Im Telefon-Interview mit „MyIlands“ verspricht Top-Musiker Brönner jetzt: „Das Festival wird in der gleichen Besetzung, die wir für 2020 geplant hatten, nun 2021 stattfinden!“

© Kampen Jazz by Till Brönner

MyiLands: Wo befinden Sie sich gerade eigentlich – am Wohnort Berlin oder am Wohnort Los Angeles?
Till Brönner: In Berlin, in dieser Zeit kann man sagen: Gott sei Dank! Und entgegen dem allgemeinen Klage-Trend habe ich den Eindruck: Eigentlich wurde es für mich sogar gerade Zeit, einmal auszusetzen und zur Ruhe zu kommen. Ich war vorher fast nur noch auf Reisen, gewöhnt daran, bei immer enger getakteten Terminen pausenlos unter Druck zu arbeiten. Ich kann jetzt viel entspannter meine wichtigen Themen angehen.

Welche sind das gerade?
Vor allem meine neue Platte. Die reift ganz In Ruhe. Dann geht es ums fit halten, auch im Kopf. Eigentlich bin ich mit mir gerade sehr im Reinen. Und ich glaube sogar, dass ich nicht vollständig zu den alten Gewohnheiten zurückkehren werde. Vermutlich geht es uns allen ähnlich. Ich denke, dass wir künftig in veränderter Form Musik und Festivals erleben werden. Also nicht einfach weitermachen mit dem Motto Größer, höher, weiter und teurer, ganz ohne Ende. Und so werden wir vermutlich auch übers Reisen neu nachdenken: Etwa mit der Frage, wie wir auch in der Nähe unserem Glück auf die Spur kommen können.

Und ihr zweites Künstlerleben als Fotograf – hatte das nicht gerade in den ungewöhnlichsten Monaten unserer Zeit Hochkonjunktur?
Es gab etliche Anfragen, und ich war auch häufig auf den menschenleeren Straßen unserer Hauptstadt unterwegs. Überall Menschen ohne eigene Mimik mit Masken, meistens auf Abstand – für mich war das für eine spannungsreiche künstlerische Aussage letztlich kein ausreichendes Fotomotiv.

Jetzt, so kurz vor dem 10. Juli – spüren Sie da Sehnsucht nach Sylt?
Natürlich. Aber ich bin ein Fan davon, gerade bei Dingen, an denen schöne Erinnerungen hängen, darauf zu warten, dass es wieder das richtige Umfeld dafür gibt. Kunst und Musik, Ereignisse wie Kampenjazz, gehören auf eine außergewöhnliche Insel wie Sylt. Wind, Wellen und die Dünen, dazu das gut gelaunte, aufgeschlossene Publikum – in diesem Umfeld gelingt eine Kunstform wie Jazz besonders gut. Wir Musiker sind beim Jazz mehr als Andere auf die unmittelbare Kommunikation mit unserem Publikum angewiesen, Improvisation kann nur in diesem Zusammenspiel gelingen. Und dazu fehlen gerade die äußeren Bedingungen vollständig – Abstand halten, nicht jubeln, das passt nicht zu unserer Musikform. Und ich mag auch nicht auf der Bühne daran denken müssen, dass meine Trompete auch als Virenschleuder in Verdacht geraten könnte …

Viele Musiker sind ins Home-Studio ausgewichen und haben von dort kleine Solokonzerte gepostet, wie war das bei Ihnen bislang?
Ich kann da nicht für Andere sprechen. Selbst bin ich kein Freund von virtuellen Streaming-Angeboten. Eben weil der Jazzmusik dann das unmittelbare Echo des Gegenübers fehlt. Ich habe mich auf dem Streaming-Sektor völlig enthalten.

Sylt und die übrigen deutschen Küstenziele sind bereits unter Einschränkungen geöffnet, nun kommen die Balearen wieder zurück auf den Reisemarkt. Bisher waren Sie alljährlich auch auf Mallorca zu hören, gibt es da bereits konkrete Pläne für 2020?
Ich freue mich für die liebenswerten Menschen auf Mallorca und den Schwesterinseln, dass die Gäste zurückkehren dürfen. Die zweite Jahreshälfte liegt aber für uns Musiker noch vollständig im Dunkeln. Es kommt darauf an, wie weit die Pandemie eingedämmt bleiben kann – hier wie auch auf Mallorca. Ganz sicher aber werden wir auch auf dieser Sehnsuchtsinsel wieder musizieren, wenn die Bedingungen dafür gegeben sind.

Zurück nach Sylt – vielleicht können Sie ja sogar schon die ersten Namen aus dem auf 2021 verschobenen Kampener Jubiläumsprogramm nennen?
Ich könnte, weil es ja die gleichen Namen bleiben werden. Aber wir halten die Spannung aufrecht, unsere Freunde müssen sich bitte noch gedulden. Nur so viel vorweg: Kampenjazz 2021 wird ein besonderes Ereignis. Beim Kampenjazz 2021 gibt es auf jeden Fall eine oder zwei Neuerungen, die wir eigentlich schon jetzt vorstellen wollten und die umso mehr in die neuen Denk- und Lebensweisen passen. Ich freue mich auch deshalb jetzt schon auf Sylt und unsere Fans.

© Kampen Jazz by Till Brönner

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Lediglich drei Auftrittstermine sind im Corona-Jahr 2020 bisher nicht gestrichen:

15. August
Kloster Jerichow
Till Brönner & Band

13. November
On-Vacation-Tour
Historische Stadthalle Wuppertal

18. November
On-Vacation-Tour
Düsseldorf, Tonhalle

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TILL BRÖNNER

Kampen Jazz 2018 © Kampen Jazz by Till Brönner

… ist der international angesehenste deutsche Jazz-Trompeter, zugleich Professsor für Jazz, Rock und Pop an der Dresdner Hochschule für Musik. 1971 in Viersen geboren, wuchs er später in Rom auf, ehe er an die Jesuitenschule Aloisiuskolleg in Bonn-Bad Godesberg wechselte. Dort entwickelte sich sein musikalisches Talent in unterschiedlichen Schulorchestern. Nach dem Abitur studierte er Jazztrompete an der Hochschule für Musik Köln. 1991 wurde Brönner Mitglied der RIAS Big Band, damals noch RIAS Tanzorchester unter Horst Jankowski. Sein erstes eigenes Album Generations of Jazz mit Ray Brown, Jeff Hamilton, Frank Chastenier und Grégoire Peters erschien 1993. Er erhielt den Preis der Deutschen Schallplattenkritik und den Preis der Deutschen Plattenindustrie.

Danach spielte er mit internationalen Jazzgrößen wie Dave Brubeck, Tony Bennett, Mark Murphy, Klaus Doldinger und Joe Sample. Später produzierte und komponierte er für Hildegard Knef das Album 17 Millimeter (1999) und schrieb Soundtracks für Jazz Seen (2001) sowie Höllentour (2004) von Pepe Danquart.

Ende April 2006 erschien sein in Los Angeles aufgenommenes Studioalbum Oceana. Auf der von Larry Klein produzierten CD sind unter anderem Madeleine Peyroux und Sängerin Carla Bruni als Gaststars zu hören.

2006 produzierte er für den Bariton Thomas Quasthoff das Jazzalbum Watch What Happens, bei dem er auch als Trompeter mitwirkte. Das Album gewann den europäischen Musikpreis Echo. Insgesamt wurde er dreimal in Folge mit dem Jazz-Echo ausgezeichnet, einmal für den Grammy nominiert. 2019 verlieh sein Geburtsland NRW Till Brönner den Landesverdienstorden.

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