Der Reise-Riese
Vom Ein-Mann-Reisebüro in Kleve am Niederrhein zur Spitzenklasse unter Deutschlands Reiseveranstaltern mit einer neuen, futuristisch anmutenden Zentrale im Düsseldorfer Medienhafen – das ist die ungewöhnliche Geschichte der Marke alltours und ihres Gründers WILLI VERHUVEN.
Der Solo-Unternehmer überträgt nun schrittweise sein Eigentum auf die bereits gegründete alltours-Stiftung. Im Interview spricht Willi Verhuven über das Unternehmen, die Stiftung und über die Entwicklung des Tourismus in den vergangenen Jahrzehnten.

mehr einzigartige Urlaubserlebnisse. WILLI VERHUVEN ALLTOURS GRÜNDER

MYILANDS: 50 Jahre haben Sie Ihre Marke alltours aufgebaut und entwickelt – wie sahen eigentlich die ersten Unterkünfte aus in Griechenland und später auf Mallorca, worin bestand der damals übliche Komfort?
WILLI VERHUVEN: Die ersten Reisen habe ich 1974 nach Mykonos organisiert, wo wir kleine familiengeführte Hotels und Pensionen angeboten haben, in denen die Gäste noch persönlichen Kontakt mit dem Hotelier hatten. Der Komfort auf den griechischen Inseln war damals nicht mit dem heutigen Standard vergleichbar. Vielfach gab es lediglich einfache Zimmer, ohne Klimaanlage und oft noch mit Gemeinschaftsbad. Mallorca allerdings war zu diesem Zeitpunkt bereits touristisch weiter entwickelt. Es gab auf der Insel schon deutlich früher touristische Hotels mit einer Standardausstattung wie Zimmer mit Bad, einem Speisesaal und Swimming-Pool.
Und wie haben Ihre eigenen Urlaube damals sich unterschieden vom heutigen Standard – wie also hat sich der Vorzug der freien Reise in einer freien Gesellschaft binnen 50 Jahren entwickelt?
Vor 50 Jahren war der Tourismus noch nicht durchorganisiert wie heute. Es gab keine großen Hotelketten sondern nur einzelne Familienbetriebe. Gleichzeitig waren aber auch die Ansprüche der Reisenden an ihren Urlaub völlig andere. Man wollte damals vornehmlich andere Länder und Nationen kennenlernen und Strand, Meer und Sonne genießen. Die touristische Infrastruktur der Ferienorte spielte noch keine große Rolle. Das hat sich sehr gewandelt. Die Orte und Hotels bieten heute eine Vielzahl von Angeboten wie zum Beispiel Fitness, Wellness und Golf.
Was ist Ihr Fazit in dem Moment, da Sie Ihr Unternehmen in eine Stiftung überführen?
Die Überführung in eine Stiftung ist für mich ein entscheidender Schritt, um die Zukunft von alltours langfristig zu sichern. Demnächst wird die gesamte Unternehmensgruppe in die Stiftung eingebracht, inklusive der allsun Hotels und der alltours Reisecenter, und später auch mein privates Vermögen. Die Gewinne des Unternehmens werden über die Stiftung in soziale Projekte mit dem Schwerpunkt Kinder in Not fließen. So kann ich wieder etwas von meinem Erfolg und dem Glück, das ich im Leben hatte, zurückgeben. alltours unterstützt bereits seit Jahren soziale Projekte zum Beispiel in Indien und Äthiopien. Als Vorstand der Stiftung möchte ich mich noch konkreter um solche Projekte kümmern. Darauf freue ich mich schon sehr.
Viele einstige Marktführer des deutschen Reisemarktes sind heute Geschichte, selbst Spitzenreiter TUI benötigte zwischendurch Staatshilfen zum Überleben. alltours hat als konzernunabhängiger Player auf dieser Bühne dagegen immer wieder zugelegt. Was haben Sie anders gemacht als die Konkurrenten?
Für mich stand und steht der Kunde an erster Stelle. Ich habe das Angebot von alltours immer konsequent an die sich kontinuierlich verändernden Wünsche und Bedürfnisse unserer Kundinnen und Kunden angepasst. Denn wenn der Kunde zufrieden ist, dann kommt auch der Erfolg. Die Unternehmensgröße hat für mich nie eine Rolle gespielt. Deswegen war ich auch nie verleitet, durch Unternehmenszukäufe und hoch-riskante Investitionen wachsen zu wollen. Wir haben stets wirtschaftlich sehr solide gearbeitet. Natürlich spielt bei jedem Erfolg immer auch Glück eine Rolle. Gleichzeitig haben wir die Marke alltours klar positioniert und ihre Bekanntheit kontinuierlich ausgebaut – heute kennen 92 Prozent der Deutschen alltours.
Und wie hat der Markt reagiert?
Das alles hat uns das Vertrauen unserer Kunden, der Vertriebs- sowie Hotel- und Flugpartner eingebracht. Und es hat uns auch erfolgreich durch die Corona-Krise geleitet. Wir konnten so mit den Reiseveranstaltern alltours und byebye seit Unternehmensgründung im Januar 1974 in jedem Jahr einen Gewinn erzielen und sind wirtschaftlich äußerst profitabel aufgestellt. Schon seit langem sind wir in der komfortablen Situation, bei Investitionen und Hotelzukäufen auf Fremdkaptal verzichten zu können.
Welche Entwicklung wird die Marke nehmen, wenn Sie sich jetzt aus der ersten Reihe zurückziehen?alltours ist sehr gut positioniert und meine Geschäftsführer sind erfahrene Touristiker. alltours wird seinen Kurs beibehalten und weiter wachsen. Natürlich werde ich mein Baby als Vorstand der Stiftung weiter begleiten und Einfluss auf die strategische Entwicklung nehmen. Aus dem alltäglichen, operativen Geschäft werde ich mich allerdings zurückziehen.


Rechts: Am Rheinufer in Düsseldorf entstand das neue, frisch bezogene alltours Headquarter. Neben dem Bürogeb.ude wurden auch ein Komplex mit Eigentumswohnungen sowie Appartements für betreutes Wohnen errichtet.
Welche Dienstleistungen machen nach Ihrer Einschätzung den künftigen Tourismus aus, wohin führt der Weg für zeitweise überfüllte Megaziele wie Mallorca oder Sylt?
Die Reisen werden so individuell wie die Menschen, die sie unternehmen. Unsere Kunden suchen immer mehr einzigartige Urlaubserlebnisse. Mallorca oder Sylt haben sich in den vergangenen Jahren gerade in diesem Bereich sehr gut entwickelt und stellen sich verstärkt auf diesen Trend der Individualisierung ein. Wichtig ist, dass die Inseln immer auch die Bedürfnisse der Einheimischen und der im Tourismus Beschäftigen im Auge behalten. Für die Lebensqualität vor Ort sind ausreichend bezahlbarer Wohnraum und eine gute Infrastruktur mit zum Beispiel Schulen und Kitas sehr wichtig.
Was sind dann noch drei, vier oder fünf Sterne in der Werbung wert?
Sterne geben eine Orientierung, aber sie sagen nichts darüber aus, wo sich ein Kunde wirklich wohler fühlen wird. Es kommt auf das Erlebnis vor Ort an. Ein Hotel kann drei Sterne haben und aufgrund eines günstigeren Preises sowie eines persönlichen Services genau die richtige Wahl für einen Reisenden sein. Deshalb prüfen wir durch unseren Hoteleinkauf alle Angebote sehr sorgfältig und legen großen Wert auf transparente Hotelbeschreibungen.
Hoteliers und Gastronomen berichten einerseits von spürbarer Zurückhaltung der Kunden und Umsatzeinbußen. Mallorcas kürzlich verstorbener Top-Hotelmanager Escarrer sagte dagegen, bei den Preisen im Spitzensegment sei noch deutlich Luft nach oben. Können Sie diese Widersprüche auflösen?
Wir haben in den vergangenen zwei Jahren einen wahren Buchungsboom erlebt. Allein im letzten Geschäftsjahr konnten wir ein Umsatzplus von 16 Prozent erzielen. Eine generelle Buchungszurückhaltung können wir nicht bestätigen. Preislich ist Mallorca bei uns gut positioniert. Allerdings gibt es für die Hoteliers keine Luft mehr nach oben. Bei der wirtschaftlichen Situation in Deutschland können Preiserhöhungen ohne Nachfragerückgang nicht mehr realisiert werden.
Zum Abschluss eine ganz persönliche Frage: Wie dürfen wir uns Ihre künftigen privaten Urlaubsziele vorstellen – eher still und verwunschen wie vor 50 Jahren?
Privat liebe ich das Skifahren und bin auch gerne auf Kreuzfahrt. Im vergangenen Jahr war ich auf einer Kreuzfahrt durch die Ostsee. Ich liebe das Meer und die Natur und verbringe auch möglichst viel Zeit auf Sylt, wo ich ein Ferienhaus besitze. Und meine Lieblingsinsel im Mittelmeer ist Mallorca, wo ich allein schon wegen meiner über 20 dortigen allsun Hotels weiterhin immer wieder reisen werde und auch privat Zeit verbringe.
ERFAHRENE DOPPELSPITZE

LINKS: JAN MAYER (49)
ist seit Juni 2024 Geschäftsführer für die touristischen und kaufmännischen Bereiche bei alltours. Er verfügt über langjährige Erfahrung im Management von Reiseveranstaltern, Hotels und Airlines. Vor seinem Wechsel zu alltours war er Chief Product Officer bei der FTI GROUP. Davor hatte er die Position des Chief Finance Officer bei Flemings Hotels inne und bekleidete verschiedene Managementfunktionen bei Thomas Cook sowie Condor.
RECHTS: GEORG WELBERS (59)
ist seit April 2020 bei alltours Geschäftsführer für den Bereich Vertrieb und Marketing. Der promovierte Diplom-Kaufmann war zwölf Jahre bei Thomas Cook als Geschäftsführer bzw. Direktor in verantwortlichen Positionen beschäftigt, unter anderem als Sprecher der Geschäftsführung von Öger Tours und als Geschäftsführer für Marketing, Vertrieb und E-Commerce der Thomas Cook Touristik.
TRENDS & FIGURES 2025 BEI ALLTOURS

ist ideal für einen Familienurlaub.
Mit etwa 2,3 Millionen Gästen festigte alltours im vergangenen Geschäftsjahr seine Position inmitten der Klassenbesten.
Eigentümer Willi Verhuven bezeichnete 2023/2024 als das beste Geschäftsjahr in 50 Jahren. Als beliebteste Urlaubsziele im Winter 2024/2025 registrierte das Unternehmen die Kanarischen Inseln und Ägypten. Insgesamt wuchs der Umsatz um über 30 Prozent, am Nil verdoppelten sich die Buchungszahlen. Für den Sommer 2025 erwartet das Unternehmen ein Umsatzwachstum von zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr. Spanien (besonders Mallorca), die Türkei und Griechenland werden als Spitzenreiter im Sommer erwartet. Zur Unternehmensgruppe gehören die Veranstaltermarken alltours und byebye, die alltours Reisecenter, die Incoming Agentur Viajes allsun und die Hotelkette allsun Hotels. Letztere wächst in diesem Jahr auf 32 allsun Hotels auf Mallorca, den Kanaren, Kreta und in der Türkei an. Darüber hinaus gehört auch die Hotelmarke alltoura Club Hotels zu alltours, die exklusiv auf dem deutschsprachigen Markt angeboten wird.